Charm Alone Won’t Do It For Obama

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Mit Charme allein kommt Obama nicht weiter

(30) Von Clemens Wergin 18. April 2009, 16:56 Uhr

Barack Obamas Politik der ausgestreckten Hand hat ihm selbst bei Amerika-Gegnern wie Iran oder Kuba Sympathien eingebracht. Doch echte Ergebnisse bleiben aus. Nun folgt Phase zwei: Obama muss Zähne zeigen, wenn er seine Freundlichkeit nicht als Schwäche verstanden sehen will.

Vor Barack Obamas ausgestreckter Hand ist niemand sicher. Ob Russland, Iran, Kuba, Venezuela und ganz Südamerika: Wer sich nicht schnell genug in die Büsche schlägt, wird mit Aufmerksamkeit überschüttet, vom erfrischenden Lächeln Obamas umgarnt, mit Handschlag getätschelt, mithilfe amerikanischer Selbstkritik versöhnt oder sonst wie in den obamaschen Wohlfühl-Kosmos eingemeindet.

Es fällt einem kaum ein Land ein, das noch nicht Objekt dieser schnellsten globalen Charmeoffensive der Geschichte war. Bis auf Nordkorea vielleicht, das mit Raketentests und Ausstieg aus den Atomgesprächen um Obamas Aufmerksamkeit buhlt und noch nicht erhört wurde. Diese Macho-Anmache aus Pjöngjang war offenbar selbst dem Prinzen der Herzen zu derb, um positiv beschieden zu werden.

Am Ende der Amtszeit von George W. Bush schwärmten Emissäre amerikanischer Think Tanks in die Welt aus um zu erfragen, wie ein neuer Präsident die Beziehungen und das Image der USA aufpolieren könnte. Das Ergebnis diverser Studien war nicht sonderlich überraschend: Je mehr Distanz der neue zum alten Präsidenten legt, desto besser. Und das ist Obama wahrlich gelungen. Wenn selbst ein Amerikahasser wie Venezuelas Präsident Hugo Chávez in Obamas Ohr säuselt „Ich möchte Dein Freund sein“, dann ist klar: Die Hypnose hat funktioniert. Die Frage ist, wie lange sie hält.

Erstaunlich am Phänomen Obama ist nicht so sehr, wie positiv seine selbstkritischen und werbenden Worte aufgenommen werden, sondern was man lieber nicht hören will. Er wird von den Natopartnern gelobt, weil er die US-Truppen in Afghanistan aufstocken will und auf mehr zivile Mittel setzt; sein Hinweis, dass eine Allianz ihren Sinn verliert, wenn nur einige Partner größere Anstrengungen unternehmen wird aber geflissentlich ignoriert.

Obama spricht von der Vision einer atomaren Nulllösung; Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier überhört da gerne Obamas Anmerkung, dass Amerika dafür auf Gegenseitigkeit angewiesen ist und fordert sogleich den Abzug aller amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland. Russland vernimmt Obamas Bereitschaft gerne, über Raketenabwehrstellungen in Europa zu verhandeln; Moskau stellt sich aber taub bei Obamas Wunsch, die Russen sollten dafür mehr tun, um Iran von der Atombombe abzubringen.

Auch auf dem Amerikagipfel in Trinidad und Tobago hat Obama nicht nur Verständnis gezeigt für die Empfindlichkeiten der südlichen Nachbarn, sondern auch skizziert, welche Ansprüche Amerika stellt: „Das bedeutet auch, dass man nicht immer Amerika für jedes Problem verantwortlich machen kann, das in dieser Hemisphäre entsteht“, sagte der junge Präsident. „Das ist der alte Weg und wir brauchen einen neuen Weg“. Man wünschte sich, dass sich nicht nur die Südamerikaner, sondern auch andere in der Welt sich diese simple Wahrheit zu Herzen nehmen würden. Nicht nur in Europa herrscht in dieser Hinsicht noch sehr viel altes Denken.

Und das ist dann auch die bittere Wahrheit hinter Obamas offenem Lächeln: Seine Charmeoffensive ist bisher eine globale Einbahnstraße. Sie hat noch keine Verhaltensänderungen bei den Schurkenstaaten erbracht, (die unter Obama ja nicht mehr so genannt werden dürfen). Und auch die erhoffte Hilfe beim Managen der Weltprobleme durch enge Partner oder regionale Ordnungsmächte wie China oder Russland ist weitgehend ausgeblieben. Die Soft-Power-Strategie des neuen Präsidenten wurde nicht belohnt.

Noch ist es zu früh, vom Scheitern dieses neuen Ansatzes zu sprechen. Im Obama-Lager heißt es, dies seien Investitionen in die Zukunft, die erst später Früchte tragen. Tatsächlich zeigt sich aber, dass Barack Obama die Schwerkraft genauso wenig überlisten kann wie die Gesetze der internationalen Politik. Das unsentimentalste hat Charles de Gaulle einst in den Satz gefasst: „Der Staat, der seinem Namen gerecht wird, hat keine Freunde – nur Interessen.“ Und an denen wird sich Obama genauso die Zähne ausbeißen wie sein Vorgänger. Eines hat der Präsident immerhin erreicht: Der Ball liegt im Feld der anderen. Jetzt ist es an Kuba, Iran, Russland (um nur ein paar zu nennen), sich zu bewegen. Wer weiter nur auf Amerika zeigt, wenn ein Konflikt nicht lösbar, eine Annäherung nicht erreichbar ist, macht sich lächerlich.

Das ist auch der Grund, warum sich in vielen Hauptstädten Nervosität breit macht. Ohne das liebste Feindbild Bush ist weder Kubanern, Iranern, Russen noch Venezolanern so einfach zu erklären, warum ihre Regierungen nicht mehr tun für ein gutes Verhältnis zu Amerika. Zwar wird Obama die strategischen Kalkulationen der iranischen Führung in Sachen Atombombe genauso wenig beeinflussen können wie die Nützlichkeitsüberlegungen von Hugo Chávez, seinen Einfluss in Südamerika auch mit destabilisierenden Mitteln auszudehnen und die Angst der Kommunisten in Havanna vor einer Öffnung, die sie hinwegfegen könnte. Indem er jedoch direkt mit den Bürgern in diesen Ländern kommuniziert, baut er einen Legitimitätsdruck auf die Regierungen aus, dem sich auch diktatorische Regime nicht gänzlich entziehen können.

Obamas weichere Politik birgt aber auch erhebliche Risiken. Sie verleitet die Regime in Nordkorea oder Iran zu dem Glauben, dass sie mit dem unerfahrenen Neuling im Weißen Haus leichtes Spiel haben. Die Eskalation auf der koreanischen Halbinsel lässt sich nur so verstehen. Die Steinzeitkommunisten meinen offenbar, mit Obama einen besseren Deal erzielen zu können als einst mit Bush. Deshalb haben sie das schon vereinbarte Verhandlungspaket wieder aufgekündigt. Und gegenüber Iran hat Obama sich schon einen ersten schweren Schnitzer erlaubt und die Aussetzung der Urananreicherung nicht zur Bedingung für Gespräche gemacht. Das bedeutet, dass die Zeit auch während der Verhandlungen unweigerlich für die Mullahs tickt. Der Präsident wäre schlecht beraten, wenn er die negativen Erfahrungen der Europäer hier wiederholen wollte.

Barack Obama gilt als der US-Präsident mit der größten Sensibilität für die kulturellen Besonderheiten auf dem Globus. Dazu gehört aber auch, anzuerkennen, dass in vielen Regionen der Welt Entgegenkommen als Schwäche interpretiert wird. Das gilt im Nahen- und Mittleren Osten genauso wie anderswo.

Viele Staaten begreifen Außenpolitik leider weiter als Nullsummenspiel im Sinne des 19. Jahrhunderts. Da wird es nicht reichen, allein an „Neues Denken“ zu appellieren. Gerade den Problemstaaten dieser Welt wird Obama zeigen müssen, dass er kein Schwächling ist, mit dem man nach Belieben umspringen kann. Das wäre dann Phase zwei nach der Offensive des Lächelns.

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