Victory in Afghanistan is Impossible

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Die jüngste Anschläge auf Bundeswehrsoldaten belegen einmal mehr, dass der Westen in Afghanistan auf verlorenem Posten kämpft. Er sollte es sich endlich eingestehen.

Nach den beiden neuen Angriffen mutmaßlicher Taliban auf die Bundeswehr, bei denen ein Soldat getötet und neun verletzt wurden, beeilte sich die Bundesregierung zu versichern, dass sie in ihrem Einsatz nicht nachlassen werde. Nie wieder dürfe Afghanistan ein Hort für “weltweit agierenden Terrorismus” werden, sagte Außenminister Frank-Walter Steinmeiner, während dessen Aufenthalt in dem Land sich die Anschläge ereigneten. Ähnlich äußerte sich Verteidigungsminister Franz Josef Jung in Berlin.

Doch solche Beteuerungen zeigen im Grunde nur die Hilflosigkeit, vor der der gesamte Westen steht. Seit 2001 kämpft er schon in dem Land, aber der Widerstand und die Angriffe extremistischer Glaubenskrieger nehmen nicht etwa ab, sondern wieder zu.

Es ist daher Zeit, sich von Illusionen zu verabschieden. Wir haben nicht die Macht und nicht die Kraft, Afghanistan in ein demokratisches Land zu verwandeln. Sieben lange Jahre hat es gedauert, dies einzusehen. Als US-Präsident Barack Obama vor einigen Wochen seine neue Afghanistanstrategie vorstellte, definierte er einen Erfolg des Krieges folgendermaßen: “Al-Qaida in Pakistan und Afghanistan besiegen und verhindern, dass sie in beiden Ländern wieder Fuß fassen können.” Demokratie? Menschenrechte? Rechtstaat? Fehlanzeige.

Obama bekam viele Applaus für sein neues Konzept. Niemand beklagte den Abschied von den hehren Zielen, die man vor sieben Jahren formuliert hatte. Das ist erstaunlich angesichts der pompösen Sprache, die der Westen für seinen Afghanistaneinsatz normalerweise pflegt. Das Schweigen ist peinlich, aber leicht erklärbar. Die Erkenntnis, dass der Westen in Afghanistan an seine Grenzen gestoßen ist, setzt sich durch.

Das Wort Niederlage aber bleibt verboten. Warum?

Weil, so die Antwort, sonst die Islamisten auf aller Welt ein Sieg feiern würden. Von Kabul über Teheran, Libanon bis nach Gaza würde eine einziger Jubelschrei erklingen: Wir haben den Westen besiegt! Und dann würden die Islamisten weitere Fronten errichten, um den Westen weitere Niederlagen zuzufügen. Das ist das Schreckensbild, das an die Wand gemalt wird.

Es ist reine Propaganda. Sie verzerrt die Wirklichkeit. Sie degradiert die Afghanen zu Spielfiguren einer angeblich weltweiten Auseinandersetzung. Und sie ist schädlich – vor allem für den Westen.

Von einer Niederlage zu reden, bedeutet genau hinzuschauen, ohne propagandistische Brille. Es geht nicht darum, zu sagen, was man sich wünscht, sondern zu sagen, was ist und was sein wird. Auch wenn dies schmerzhaft ist.

Geschehen wird folgendes: Der Westen wird sich über die nächsten Jahre – nach einer vorübergehenden amerikanischen Truppenaufstockung – schrittweise aus Afghanistan zurückziehen. Gleichzeitig wird er afghanische Sicherheitskräfte hochpäppeln, damit diese die gegnerischen Milizen und Taliban in Schach halten.

Einen kompletten Abzug wird es allerdings nicht geben. Die Nato wird die großen Militärbasen in Kandahar und Bagram behalten. Wenn es ihr nötig erscheint, wird sie von dort aus Angriffe auf ihre Feinde fliegen. Spezialtrupps werden aus den Stützpunkten ausschwärmen, um gezielt die führenden Köpfe der Gegner zu eliminieren.

Dann werden sie sich hinter die Mauern ihrer Garnisonen zurückziehen, und von dort zusehen, dass ihre Verbündeten mehr oder weniger die Oberhand behalten. Einen kompletten Sieg strebt die Nato gar nicht mehr an.

So wird die Niederlage aussehen – der Westen wird sie verkraften, auch wenn er viel Glaubwürdigkeit einbüßen wird. Für die Afghanen allerdings wird diese Niederlage bitter, grausam und vielfach tödlich sein.

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