No Leniency For Netanyahu

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Keine Nachsicht für Netanjahu

VON INGE GÜNTHER

Erscheinungsdatum 07.06.2009

Gute Reden können verpuffen. Jene, die Barack Obama in Kairo hielt, gehört nicht dazu. Nachdem Israels Regierung zunächst kalt erwischt schien, hat Benjamin Netanjahu nun eine offizielle Erwiderung angekündigt. Spannend wird, ob und wie weit er dabei den engen Rahmen seiner rechtslastigen Regierung verlässt. Vermutlich nicht allzu weit. Netanjahu scheint bislang den Koalitionsbruch mehr zu fürchten als Ärger mit Washington. Ein Siedlungsstopp ist schwer umzusetzen, wenn die Siedlerlobby gleich mehrere Minister am Kabinettstisch sitzen hat.

Allerdings kann sich Netanyahu keine ernste Verschlechterung im Verhältnis zum US-Verbündeten leisten. Für ihn ist die atomare Gefahr made in Iran die existenzielle Bedrohung für den jüdischen Staat schlechthin. Obama hat zwar betont, dass die Bande zwischen Amerika und Israel unverbrüchlich sind. Aber mit Blick auf Iran ist für die Israelis ein vertrauensvoller Austausch mit dem sicherheitspolitischen UN-Apparat durch nichts zu ersetzen. Erst recht nicht, wenn sie sich alle Optionen, inklusive der militärischen, offen halten wollen.

Ein Zerwürfnis mit Obama muss Netanjahu daher unbedingt vermeiden. Schon in seiner ersten Amtszeit als Premier von 1996 bis 1998 hatte er sich – letztlich zum eigenen Schaden – in Washington unbeliebt gemacht. Also bleibt ihm eigentlich keine andere Alternative, als sich zu bewegen. Im Klartext heißt das, er muss abrücken von seinem zweifachen Nein zu Siedlungsstopp und Palästinenser-Staat. Das wird kaum von heute auf morgen geschehen. Wer zu schnell einknickt, wird in Israel schnell belächelt. Aber unterm Strich dürfte anderes mehr zählen: Es gibt in Israel eine Mehrheit sowohl im Volk als auch im Parlament für einen Kurswechsel. Sollte sich Netanyahu dafür entscheiden, wie von aller Welt gewünscht eine Zwei-Staaten-Lösung anzusteuern, wird sich die Zentrumspartei Kadima unter Zipi Livni , immerhin die größte Knesset-Fraktion, an Bord holen lassen.

Nur eines sollte sich Netanjahu aus dem Kopf schlagen: dass die Obama-Regierung viel Nachsicht für seine Koalitionsprobleme und Ängste vor dem Siedlerzorn aufbringt. US-Außenministerin Hillary Clinton hat klargestellt, dass sich für die israelische Behauptung, George W. Bush habe zumindest den Ausbau in den großen Siedlungsblöcken im Westjordanland verbindlich erlaubt, kein Beleg finden lasse. Am heutigen Montag trifft zudem der US-Nahostbeauftragte George Mitchell ein, um unterstützt von einem renommierten Team seinen Stützpunkt in Jerusalem aufzuschlagen.

Mitchell hat sich nicht nur als Friedensvermittler in Nordirland bewährt, er kennt sich auch in der Siedlungsproblematik bestens aus, wie der von ihm 2001 verfasste Report belegt. Sein Vize, General Keith Dayton, zuständig für das Training der palästinensischen Polizei in der Westbank, kann wiederum auf seinem Gebiet seit mehr als einem Jahr beachtliche Fortschritte verzeichnen. Beides Themen, die mit Sicherheit am Dienstag bei Mitchells Termin mit Netanyahu zur Sprache kommen werden.

Washington bleibt hart am Ball. Jetzt muss Netanjahu aus der Deckungkommen. Einen eigenen Friedensplan wird er Obama kaum entgegensetzen können. In dieser Hinsicht ähnelt Israels Rechte dem Kaiser ohne Kleider.

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