Western Illusions Destroyed in Iran

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Im Iran zerplatzen die Illusionen des Westens

Sonntag, 14. Juni 2009 04:00 – Von Richard Herzinger

Ob es bei den Präsidentschaftswahlen im Iran einigermaßen mit rechten Dingen zuging oder nicht – mit dem deutlichen Wahlsieg Mahmud Ahmadinedschads ist eine lange genährte Illusion der westlichen Öffentlichkeit gründlich zerplatzt.

Gerne suggerierte man sich, der iranischen Gesellschaft seien ihre apokalyptischen Führer fremd, sie sei vielmehr längst durch und durch modern und verwestlicht. Regelmäßig wird dabei in Medienberichten das Lebensgefühl einer freizügigen urbanen Mittelstandsjugend in Teilen Teherans als Gradmesser für die Stimmung im ganzen Land genommen.

Doch das islamistische Regime der Mullahs sitzt weit fester im Sattel, als es westliches Wunschdenken wahrhaben will. Sollte es tatsächlich Wahlfälschungen solch gigantischen Ausmaßes gegeben haben, wie es der unterlegene Kandidat Hussein Mussawi jetzt reklamiert, würde dies gerade zeigen, wie effektiv die Herrschaftsmaschinerie des Regimes nach wie vor funktioniert. Die Wahlmanipulation hätte dann im Übrigen nicht erst mit dem Urnengang am Freitag begonnen. Zu dieser Wahl zugelassen waren nur Kandidaten, die der obersten Machtinstanz im Lande, dem islamischen Wächterrat unter Ayatollah Chamenei, tolerabel erscheinen.

In der westlichen Berichterstattung wurde aber vielfach der Eindruck erzeugt, es handele sich hier tatsächlich um eine freie, demokratische Wahl, bei der die Kräfte der Toleranz und Erneuerung gegen die verbrauchten Mächte von gestern stünden. Doch diese Sicht verkannte nicht nur, dass sich Ahmadinedschad auf repressive Apparate wie die Revolutionsgarde stützt. Sie unterschätzt auch die messianische Wirkung, die seine apokalyptischen Botschaften bei ärmeren und ungebildeten Schichten nach wie vor entfalten. Und der Erfolg scheint seinen Verheißungen vielfach Recht zu geben. Er hat den Einfluss des Iran in der Region massiv ausgebaut. Sein unerbittliches Vorantreiben des iranischen Atomprogramms stärkt in den Augen vieler Iraner das nationale Selbstbewusstsein. Dass der neue US-Präsident Versöhnungsgesten an den Iran sendete, tat ein Übriges. Gefiltert durch die iranische Propaganda, kommt das bei der Masse der Iraner so an, als krieche die verhasste Supermacht USA vor der Islamischen Republik zu Kreuze.

Es wäre fatal zu hoffen, die geschaffenen Fakten könnten durch eine mächtige Protestbewegung im Iran doch noch rückgängig gemacht werden. Eher ist zu befürchten, dass die Proteste blutig niedergeschlagen werden. Wir müssen uns auf vier weitere Jahre Regentschaft eines in seinem Sendungsbewusstsein sogar noch bestärkten Ahmadinedschad einstellen. Für Obama ist das ein schwerer Rückschlag. Seine Umarmungsoffensive gegenüber der “islamischen Welt” war nicht zuletzt von dem Kalkül bestimmt, den Hardlinern in Teheran den Wind aus den Segeln zu nehmen und einen Machtwechsel zu befördern. Nun aber wird er die vom Iran unbeirrt angestrebte Konfrontation annehmen müssen – und Teheran beweisen, dass die USA auch unter ihm Stärke zeigen kann. Seite 4

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