Environmental Protection in the Rose Garden

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Klimapflege im Rosengarten

VON KARL DOEMENS

Der Weg zum Rosengarten verläuft eher holprig. Dreimal hat Angela Merkel innerhalb eines Jahres Barack Obama getroffen. Doch richtig warm sind die nüchterne Ostdeutsche und der charismatische Afroamerikaner nicht miteinander geworden. Erst wollte die Kanzlerin den damaligen Präsidentschaftskandidaten nicht vor dem Brandenburger Tor reden lassen. Dann zog sie eine Videokonferenz einer Kurzvisite in Washington vor. Umgekehrt besuchte der US-Präsident zwar Baden-Baden und Dresden. In Berlin ließ er sich seit seiner Wahl jedoch nicht blicken.

Tempi passati – Schnee von gestern. So jedenfalls lautet die offizielle Botschaft, wenn Obama die deutsche Regierungschefin morgen erst zum Vier-Augen-Gespräch empfängt und ihr dann die Ehre einer gemeinsamen Pressekonferenz im symbolträchtigen “Rose Garden” an der Westseite des Weißen Hauses zuteil werden lässt. Beide Politiker sind gleichermaßen daran interessiert, das Gegrummel über eine Abkühlung des deutsch-amerikanischen Verhältnisses zu beenden: Obama sucht nach dem faktischen Ausfall des angeschlagenen britischen Premiers Gordon Brown neben dem schillernden Franzosen Nicolas Sarkozy einen weiteren Ansprechpartner in Europa. Merkel möchte vor der Bundestagswahl unbedingt ihr Image als Freundin des unseligen George W. Bush abstreifen. “Stop it” – Hört damit auf! – hatte Obama schon in Dresden Journalistenfragen nach transatlantischen Verstimmungen zurückgewiesen. Und im Kanzleramt betont man seit Wochen, das Verhältnis zu Washington entwickle sich gut, was implizit bedeutet, dass es nicht ganz optimal gestartet ist.

Tatsächlich dürfte eine inhaltliche Annäherung bei dem ganz aufs Fernsehpublikum ausgerichteten 24-Stunden-Aufenthalt gleichwohl an Grenzen stoßen. Trotz deutlicher Bewegung der US-Regierung bleibt Obama bei Merkels politischem Vorzeigeprojekt, dem Klimaschutz, weit hinter europäischen Erwartungen zurück. Auch ist die Bundesregierung mit der Politik des billigen Geldes, die Washington in der Krise betreibt, wenig einverstanden. Umgekehrt stößt Merkels ablehnende Haltung zur Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen bei den Amerikanern auf Unverständnis. Auch in Afghanistan hat Washington andere Vorstellungen von einer Lastenteilung der Alliierten und dringt seit langem auf die Entsendung zusätzlicher deutscher Soldaten.

Nicht alle Differenzen sind allein von den beiden Akteuren zu verantworten: Kein deutscher Kanzler erhielte derzeit im Bundestag eine Mehrheit für eine Ausweitung des Afghanistan-Einsatzes. Und kein US-Präsident könnte radikale Klimaschutzziele ohne den störrischen Kongress festsetzen. Auch weiß Obama natürlich, dass hierzulande in drei Monaten gewählt wird. Deshalb dürften die Meinungsverschiedenheiten kaum offen ausgetragen werden. Doch auch überraschende Vereinbarungen sind von der Merkel-Reise nicht zu erwarten. Es geht um Klima- und Imagepflege.

Auf den Prüfstand wird das deutsch-amerikanische Verhältnis erst nach der Bundestagswahl kommen. Wenn sich die Lage in Afghanistan, in Pakistan oder im Iran weiter zuspitzt, dürfte Washington von der Kanzlerin oder dem Kanzler bald mehr als ein freundliches Foto-Lächeln im Rosengarten erwarten.

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