Die Wette gilt
Von Christoph von Marschall
2.10.2009
Der US-Präsident geht ein hohes Risiko ein: In Kopenhagen wirbt er persönlich für die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2016 an Chicago.
Wie viele Bälle kann ein herausragender Jongleur in der Luft halten? In der
Politikarena lässt US-Präsident Barack Obama kaum eine Gelegenheit aus, seine Fertigkeiten zu erproben. In den USA warten inzwischen viele darauf, wann der erste Ball herunterfällt – seine Fans bang, die Gegner hämisch. Zwischen Gesundheitsreform, Afghanistanstrategie und Klimadebatte flog Obama in der Nacht schnell nach Kopenhagen, um dort Freitag früh persönlich für die Vergabe der Olympischen Sommerspiele 2016 an Chicago zu werben. Amerikaner nennen es „a gamble“ – eine Wette mit Risiko. Noch nie ist ein US-Präsident persönlich zu einer solchen Entscheidung gefahren. Kehrt er mit leeren Händen heim, wird ihm das als persönliche Niederlage ausgelegt. Seine Frau Michelle, die seit zwei Tagen die Olympier in Kopenhagen becirct, um die Spiele in ihre Heimatstadt zu holen, sagt, ihr Mann sei so oder so in einer „verflixten“ Lage: Fahre er nicht und Chicago verliere knapp, werde man es auf seinen fehlenden Einsatz schieben. Vorerst vertrauen die Obamas auf ihren internationalen Rockstarstatus. Und daneben auf die Verführungskraft der Dollars: In Chicago winken dem IOC hohe Einnahmen aus TV-Rechten. Darüber schweigen die Obamas und die US-Medien vornehm. Ob Präsidenten, Jongleure oder andere Superstars: Sie wollen in der Regel keine anderen Götter neben sich haben.
(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 02.10.2009)
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