Obama, Iran and Human Rights

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Während die Menschenrechtslage im Iran sich zunehmend verschlechtert, streicht Präsident Obama seine finanzielle Unterstützung für renommierte Menschenrechtsinstitute in den USA.

Am 6. Oktober 2009 berichtete die US-amerikanische Zeitung „The Boston Globe“, dass die Obama-Regierung die finanzielle Unterstützung des renommierten „Iran Human Rights Documentation Center“ (IHRDC) gestrichen habe.

Das Zentrum veröffentlichte zwölf Berichte auf Englisch und auf Persisch. Darin wurden Zwangsgeständnisse, Massenhinrichtungen in iranischen Gefängnissen, die brutale Vorgehensweise von parallel tätigen Geheimdiensten sowie Verhaftungen von Journalisten und Bloggern dokumentiert. Auch die Verletzung der Minderheitenrechte und die gezielten Exilhinrichtungen des Regimes finden sich in den Berichten.

„The Boston Globe“ geht davon aus, dass die unbegründeten Kürzungen eine Änderung der Obama-Administration im Hinblick auf die Demokratieförderung bedeuten könnten. Roya Boroumand, die Begründerin einer der wichtigsten iranbezogenen Menschenrechtsorganisationen, der Boroumand Foundation, die sich u.a. mit der Dokumentation der im Iran hingerichteten Menschen beschäftigt, sagte gegenüber der amerikanischen Zeitung: „Wenn die Rationalität, die ist, dass wir die Finanzierung der Menschenrechtsarbeit stoppen, um die iranische Regierung nicht zu provozieren, dann ist es die absolut falsche Message.“ Das würde bedeuten, dass der wirkliche Glaube an die Menschenrechte eigentlich fehle, dass die amerikanische Regierung diese nur dann berücksichtige, wenn es genehm sei, so Roya Boroumand.

Prioritäten der Menschenrechtsarbeit haben sich nicht verändert

Die Presseabteilung des U.S. Department of State hat auf die Frage warum drei Millionen Dollar für diese wichtige Menschenrechtsarbeit gestrichen worden seien, am 7.10.2009 hervorgehoben dass sich die Prioritäten des Budgets für die Region nicht

verändert haben.

Das Budget sei dafür da, die Zivilgesellschaft, die Menschenrechte im Iran zu unterstützen. Der Sprecher der Presseabteilung des State Department konnte zum konkreten Fall der Streichung der Gelder des „Iran Human Rights Documentation Center “ nichts im Details sagen.

Dabei warnte der stellvertretende amerikanische Außenminister, James Steinberg, am 6.10.2009 vor den „schrecklichen Repressionen“ des iranischen Regimes.

Präsident Obama habe betont, dass die iranische Bevölkerung ein „universelles Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ habe. Wenn die iranische Regierung den Respekt der internationalen Gemeinschaft wolle, müsse sie selbst die Rechte der eigenen Bevölkerung respektieren.

Bei den Verhandlungen der G5+1 mit dem Iran in Genf sollen sogar Menschenrechtsthemen thematisiert worden sein. Iran willigte zwar ein seine Urananreicherung teilweise nach Russland zu verlagern, aber kritische Beobachter sind sich einig, dass der Iran lediglich Zeit gewinnen will. Iran hatte in Genf zugesagt, etwa 80 Prozent seiner (dem Westen bekannten) Bestände von etwa 3,5 Prozent angereichertem Uran nach Russland sowie nach Frankreich zu schicken. Dort solle das Uran auf knapp 20 Prozent angereichert werden.

Wie die exiliranische Nachrichtenagentur Gooya am 7.10.2009 berichtete, ist die erste Todesstrafe für einen der mehr als 100 inhaftierten Demonstranten, die gegen den offensichtlichen Wahlbetrug protestiert hatten, ausgesprochen worden. Es handelt sich um den Royalisten Mohammadreza Ali-Zamani.

Menschenrechtspolitik oder Atomdeal

Prof. Payam Akhavan, kanadischer Völkerrechtsprofessor, lehrt nicht nur an der Mc. Gill Universität, sondern ist auch Mitbegründer des IHRDC und einer der Vorstandsmitglieder des Menschenrechtsinstituts, dessen Gelder gerade gestrichen worden sind. In einer Mail an den in Brüssel ansässigen Thinktank European Foundation for Democracy schrieb Prof. Akhavan:

“Präsident Obama war mein Kommilitone an der Harvard Universität. Er glaubte stets mehr an einen Dialog als an Konfrontation, was in der Tat eine gute Sache ist. Wenn aber die einzig und allein existierende Basis eines Dialoges das Atomprogramm ist, dann wird die Botschaft an den Iran geschickt, als ob für die systematischen Menschenrechtsverletzungen keine Kosten entstehen.“

Was immer die Motivation für einen Verzicht auf die Unterstützung der US-Regierung für Menschenrechtsorganisationen sei, der Iran bekomme die Botschaft, dass ein Kompromiss bei den Atomverhandlungen die „Repression der demokratischen Bewegung im Iran entschuldigen werde.“ Ein solcher Schritt würde die progressiven Kräfte im Iran, die langfristig die „einzige Basis für Frieden und Stabilität im Iran sind, entmutigen. Denn ein autoritäres Regime, das mit Gewalt herrscht, ist sowohl eine Bedrohung für das eigene Volk als auch für seine Nachbarn.“ so Prof. Akhavan.

Menschenrechte dürfen nicht Opfer des Dialogs werden

Einer der Iran-Experten der European Foundation for Democracy, Joshua Goodman, hat auch die Streichung der Finanzen für wichtige iranische Menschenrechtsorganisationen in den USA kritisiert: „Die Entscheidung die Finanzierung von Menschenrechtsorganisationen, die das Verbrechen des iranischen Regimes dokumentieren, zu beenden, kommt zu einem Zeitpunkt, zu dem die Arbeit solcher Organisationen besonders gebraucht wird. Diese Entscheidung ruft auch eine Reihe von Fragen hervor.“ Organisationen wie IHRDC und die Boroumand Foundation würden besonders respektiert werden, gerade wegen ihrer vitalen Arbeit.

Goodman fügte hinzu: „Der Fehler der US-Regierung ihre Entscheidungen nicht zu erklären, habe zu großen Spekulationen geführt. Und auch jetzt hat es noch einen spekulativen Charakter, wenn davon ausgegangen wird, dass die Administration die Menschenrechte geopfert hat, um die Atomakte voranzubringen. Wenn es wahr wäre, wäre es ein sehr störende strategische Entscheidung und würde eine schreckliche Botschaft an das iranische Volk schicken.“

Der iranisch-amerikanische Historiker Abbas Milani ist Direktor der Iranian Studies an der renommierten Stanford University. In einem Interview mit der Exilzeitung Roozonline warnt Prof. Milani davor, dass Menschenrechte Opfer des iranisch-US-amerikanischen Dialoges werden.

Zunächst vergleicht Milani die Säuberungen und die Islamisierung der iranischen Universitäten seit der Revolution von 1979 mit den stalinistischen Säuberungen in der Sowjetunion, als beispielsweise der Versuch unternommen wurde eine marxistische Sozialwissenschaft einzuführen oder die Biologie zu „proletarisieren“. Ähnlich wollen die khomeinistischen Machthaber im Iran alles islamisieren. Dennoch blickt Milani positiv in eine demokratische Zukunft des Iran. Die Überwindung der „despotischen“ Herrschaft des Klerus sei die Voraussetzung für eine Demokratisierung. Dann könnten auch die wirtschaftlichen Probleme des Iran, die Arbeitslosigkeit und die Probleme der iranischen Frauen gelöst werden. Er erinnerte daran, dass 60 bis 70 Prozent der neuen iranischen Mittelschicht aus akademisch gebildeten Frauen bestehe. Die Gesellschaft habe ein großes Potential für einen demokratischen Iran.

Dagegen baue der Revolutionsführer Ali Khamenei seine Macht lediglich auf die Revolutionsgardisten und die Bassiji auf. Khamenei könne nur noch mit Gewalt herrschen, daher sei seine Zeit abgelaufen. Die Lösung sei eine Republik, die ihre Legitimität vom Volk bekommt. Tatsächlich beruht die Herrschaft des Staatsklerus im Iran auf einer khomeinistischen Interpretation des islamischen Gesetzes als Gottesgesetz.

Milani spricht sich gegen eine Einmischung von ausländischen Mächten in die Angelegenheiten des Iran aus und vertritt dabei die Position, dass die russische Regierung sich am meisten in die inneren Angelegenheiten des Iran einmische. Abbas Milani befürwortet Wirtschaftssanktionen, vergleichbar mit denen, die gegen das Apartheidregime von Südafrika eingesetzt wurden. Im Falle von Südafrika wuchs dadurch der Unmut der Bevölkerung gegen das repressive Regime.

Milani befürwortet gleichzeitig einen direkten iranisch-US-amerikanischen Dialog. Dabei dürfe die US-Regierung aber nicht auf Menschenrechtsforderungen verzichten.

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