2010 Could Be Obama’s Year

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Vielleicht wird 2010 ein Obama-Jahr

Von Dietmar Ostermann

21.12.2009

Bislang ist Barack Obama ein Präsident der großen Hoffnungen, der großen Versprechen und des großen Wartens. Kurz vor dem ersten Jahreswechsel im Weißen Haus ist die Zahl echter Erfolge überschaubar. Der US-Präsident hat mit einem gewaltigen Konjunkturprogramm den freien Fall der weltgrößten Volkswirtschaft gestoppt.

Doch die Arbeitslosigkeit in den USA verharrt auf Rekordniveau, Amerika steckt noch immer in der gefühlten Rezession, auch wenn die Statistik wieder Wachstum ausweist.

Kein einziges Gesetz zu Obamas wichtigsten innenpolitischen Reformprojekten – Gesundheit, Klima, Finanzmärkte – hat bislang den Kongress passiert, obwohl die Präsidentenpartei in beiden Kammern über Mehrheiten verfügt. Das Gefangenenlager Guantánamo wird vielleicht irgendwann, aber nicht wie versprochen bis zum 22. Januar geschlossen.

Auch außenpolitisch kann Obama wenig als erledigt abhaken. Das dürftige Ergebnis beim gescheiterten Klimagipfel in Kopenhagen mag auch in Washington niemand feiern. Zum Jahresende läuft die Frist ab, die Obama dem Iran gesetzt hatte, um im Atomstreit Bereitschaft zu ernsthaften Verhandlungen zu signalisieren. Bisher stieß sein Dialogangebot in Teheran auf taube Ohren. Im Nahost-Konflikt bewegt sich nichts. Selbst die Abrüstungsverhandlungen mit Russland gehen in die Verlängerung. In Afghanistan stockt Obama die Truppen weiter auf.

Ein würdeloses Geschacher

All das hat in den USA und darüber hinaus zu Ernüchterung geführt: ein Präsident der schönen Worte, sonst nichts. Das vorschnelle Urteil freilich verkennt, was Obama angeschoben hat. Er hat im ersten Amtsjahr viel gesät, um später zu ernten. Ein erster wichtiger Erfolg rückt nun daheim in Washington mit der großen Gesundheitsreform in greifbare Nähe.

Nach dem Repräsentantenhaus will voraussichtlich Heiligabend auch der Senat ein Gesundheitsgesetz verabschieden. Noch folgen zähe Verhandlungen im Vermittlungsausschuss und ein abschließendes Votum im neuen Jahr. Doch die Chancen, dass Obama gelingen wird, woran viele Präsidenten vor ihm scheiterten, stehen besser denn je. Was Richard Nixon nicht vermochte, woran Bill Clinton scheiterte, kann der 44. Präsident der USA womöglich noch pünktlich zum ersten Jahrestag seines Amtsantritts als erledigt abhaken.

Käme es so, könnte sich auch der Blick auf Obama wieder ändern. Vor allem dann, wenn auch anderswo greifbare Ergebnisse deutlich werden. Man kann sich zumindest ein Szenario vorstellen, in dem 2010 zum Obama-Jahr wird: Wenn etwa die Arbeitslosigkeit in den USA sinkt, einem Gesundheitsgesetz weitere Reformen folgen, der geplante Rückzug aus dem Irak halbwegs friedlich verläuft und die Dialogpolitik erste Früchte trägt. Möglich ist freilich auch, dass sich die Kraft dieses Präsidenten mit einer Gesundheitsreform erschöpft.

Die zum Schluss zu einem würdelosen Geschacher um Stimmen und Eitelkeiten verkommene Debatte hat tiefe Risse bei den Demokraten offen gelegt. Das jetzt wahrscheinliche Ergebnis – Krankenschutz für mindestens 30 Millionen Menschen, die ihn bislang nicht haben – könnte sich trotz vieler fauler Kompromisse sehen lassen. Ob Obama seiner Partei nach dem Kraftakt einer Gesundheitsreform, gegen die Blockadepolitik der Republikaner und vor der Kongresswahl im Herbst 2010 weitere Großprojekte abringen kann, steht dahin.

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