No Faith in the President

<--

Kein Vertrauen zum Präsidenten

Von Dietmar Ostermann

Barack Obama kann noch immer gute Reden halten. Amerika aber will nicht mehr hören, es will sehen. Das Land will keine neuen Versprechen, es will Ergebnisse. Denn es misstraut zutiefst allem, was in Washington passiert.

Die große Wirtschaftskrise ist in den USA längst auch zu einer Krise der politischen Institutionen geworden. Das schließt den Präsidenten ein. Der Mangel an Vertrauen, von dem Obama in seiner Rede zur Lage der Nation sprach, hat zu großen Teilen auch ihn erfasst.

Deshalb ist es müßig, diese Rede auf brillante Rhetorik hin abzuklopfen. Das Volk hört kaum noch hin. Auch diesem Präsidenten trauen immer weniger Menschen zu, ihre Probleme zu lösen. Dass Obama die Krise nicht verursacht hat, wissen sie.

Doch wenn Millionen weiter Haus und Job verlieren, während in den vom Staat geretteten Banken wieder fette Boni fließen, wenn sich die US-Demokraten im Kongress monatelang über eine Gesundheitsreform zerstritten haben, die wichtig ist, derzeit aber keine Hauptsorge, dann wenden sich viele verbittert ab.

Mit dem Regierungsprogramm für das zweite Amtsjahr hat Obama die Prioritäten seiner Regierung mit denen der Menschen in Einklang gebracht. Wie kaum ein US-Präsident vor ihm hat er die internationale Politik in seiner Rede nur gestreift.

Der Blick in Washington richtet sich unverkennbar nach innen. Jobs, Jobs, Jobs, lautet das Motto. Die große Gesundheitsreform rangiert jetzt weit hinten. Auch vom Klimagesetz dürfte wenig übrig bleiben.

Wichtigste Reform könnte 2010 die der Finanzmärkte werden, wo Obama mit dem Veto droht, sollte der Kongress dem neuen harten Kurs gegenüber der Wall Street nicht folgen. Der ist populär und setzt die Republikaner unter Druck.

Noch profitiert die Opposition vom Misstrauen gegen Washington, beliebt ist sie nicht. Gelingt es Obama, die Blockade der Republikaner gegen diese zu wenden, kommt der Aufschwung und stellen sich spürbare Erfolge ein, könnte er aus dem Stimmungstief finden. Erst wenn Amerika Ergebnisse sieht, hört es seinem Präsidenten vielleicht auch wieder zu.

About this publication