Obama “Underestimated Washington Politics”

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Obama hat das “System Washington” unterschätzt

Von Clemens Wergin

28. Januar 2010

Dass Barack Obamas Umfragewerte im Keller sind, liegt nicht nur an dem schweren Erbe, das er übernommen hat. Sein größter Fehler war es, die Herausforderungen des politischen Systems in Washington zu unterschätzen. Nun leidet sein Ansehen unter der Polarisierung, die er als Präsident überwinden wollte.

Mit seiner Rede vor dem Kongress hat US-Präsident Barack Obama versucht, aus der Defensive zu kommen. Und die Amerikaner haben denn auch einen ungewöhnlich kämpferischen, in Passagen gar populistischen Präsidenten erlebt, der sich nicht entmutigen lässt.

Dazu hätte er freilich einigen Grund, schließlich hat Obama im ersten Jahr Fehler gemacht, hat Niederlagen eingesteckt und mit ansehen müssen, wie seine Zustimmungswerte in den Keller sanken. Man sollte allerdings nicht vergessen, welch gigantische Probleme der Präsident geerbt hat. Zwei Kriege zu managen und die schwerste Wirtschaftskrise seit 1929 zu bewältigen wäre schwierig genug. Aber Obama hatte sich noch eine umfassende Gesundheitsreform vorgenommen, was den Mut seiner Partei und die Kräfte einer noch unerfahrenen Regierung überstieg.

Obamas größter Fehler war wohl, das Blockadepotenzial des politischen Systems in ?Washington unterschätzt zu haben. Dazu gehört der ?mangelnde Kampfes- und ?Führungswille seiner eigenen ?Partei genauso wie die zum ?Teil unverantwortliche Ablehnungsfront der Republikaner. Und so leidet das Ansehen des Präsidenten auch unter der politischen Polarisierung, die zu überwinden Obama einst angetreten war, was ihm nicht gelungen ist und wohl auch nicht gelingen konnte.

Seit Jahren liegen die Zustimmungswerte von Senat und Kongress weit unter den aktuellen Obamas. Viele Amerikaner haben das Gefühl, dass in Washington nicht genug vorankommt und laden ihren Frust eben auch beim ersten Mann im Staate ab.

Tatsächlich hat dieser junge Präsident im ersten Jahr jedoch mehr geschafft, als die schlechten Umfragewerte suggerieren. Er täte gut daran, hartnäckig zu bleiben und sich vom notorisch nervösen Politikbetrieb in Washington nicht anstecken zu lassen. Man mag dem Präsidenten vorwerfen, dass er zu sehr auf den Staat als Problemlöser setzt.

Alles in allem ist mit ihm aber ein wohltuend reflektierender Ton ins Weiße Haus eingekehrt. Dabei sollte er bleiben, anstatt jetzt in Populismus zu machen.

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