Tea Party Mobilizes Against “Socialist” Obama

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Tea Party macht mobil gegen “Sozialist” Obama

Von Uwe Schmitt

6. Februar 2010

Ein Konglomerat aus vielen Kleingruppen tut sich in den USA zusammen, um gegen den Präsidenten zu kämpfen. Die Tea-Party-Bewegung hält ihn für einen Sozialisten und Dieb des Volksvermögens. Ihre Schutzheilige ist Sarah Palin. Allerdings sind auch Republikaner nicht vor Kritik der Tea Party gefeit.

.Sie sind gesetzestreue Verschwörer zur Rettung Amerikas. Sie glauben an ihre gottgegebene Freiheit, niedrige Steuern, einen schwachen Staat, eine starke Armee und das Recht, Waffen zu tragen. Das korrupte, dem Volk entfremdete Washington, Republikaner wie Demokraten, ist der Feind, Barack Obama ein Dieb des Volksvermögens, Sozialist und nationale Schande. Sarah Palin gilt als Schutzheilige der Bewegung.

Die frühere Gouverneurin von Alaska und Vizepräsidentschaftskandidatin der Republikaner im Jahr 2008 zu hören und ihr zu huldigen versammeln sich am Samstagabend in einem Hotel in Nashville 1100 zahlende Gäste der “Tea Party Nation”. Man darf gewiss sein, dass das nicht geladene politische Establishment der USA respektvoll hinhören wird, um zu erfahren, was die Verschwörer planen.

Wenn man Judson Phillips folgt, dem Gründer der Tea Party Nation und Veranstalter des Kongresses in Nashville, will das dreitägige Treffen vor allem Ideenbörse für Netzwerker sein: “Wir wollen, dass sich die Aktivisten hier treffen und Techniken (der Mobilisierung) erlernen, die funktionieren”, erklärte Phillips FoxNews, dem Kabelsender mit ausgeprägten Sympathien für die Bewegung seit ihren Anfängen vor etwa einem Jahr.

Angesprochen auf den Ärger, den das angebliche Honorar Sarah Palins in Höhe von 100.000 Dollar und die hohen Kosten für “Delegierte” (549 Dollar Gebühr plus Flug und Hotel) bereiteten, entgegnete Phillips, er wolle nur keine Verluste machen. Was immer an Gewinn erwirtschaftet werde, fließe in die Bewegung zurück.

Und zu Palins Honorar könne er sich aus Vertragsgründen nicht äußern. Doch auch der Star des Kongresses, die mit ihrer kürzlich erschienenen Autobiografie Millionen verdient hat, ließ wissen, sie werde sich in Nashville nicht bereichern. Das Geld werde “direkt wieder der Sache zugutekommen”.

Das ist nicht jeder bereit zu glauben. Über Wochen hatte es Streit gegeben, Prozessdrohungen, Absagen und Zerwürfnisse. Nichts legitimiert die selbst entsandten Aktivisten, und niemand hat Judson Phillips zum Dachverbandschef der aus Dutzenden Gruppen bestehenden Tea Party gewählt. “Wenn man tausend Tea-Party-Mitglieder fragt, was es mit der Bewegung auf sich hat, wird man tausend verschiedene Antworten hören”, sagt Mark Williams, Moderator einer Radiotalkshow und Vorsitzender des “Tea Party Express”. Nur darauf, das Sternenbanner zu schwenken und gegen “die galoppierende sozialistische Agenda” zu protestieren, könnten sich alle einigen.

Zwei Gruppen, die American Liberty Alliance und die National Precinct Alliance, kündigten ihre Teilnahme unter Protest auf. Kritiker beanstanden, der Kongress gleiche zu sehr einer Spendenparty der Republikaner und verschwende nur Geld und Aufwand. Zwei Kongressabgeordnete der Republikaner, die in der Bewegung populäre Michelle Bachmann und Marsha Blackburn, sagten in letzter Minute ab. Es heißt, Ethikregeln des Kongresses verböten die Unterstützung einer auf Profit gründenden Veranstaltung.

Das Akronym Tea steht für “Taxed enough already” (“Längst genug besteuert”) und fügt sich im Verbund mit Party geschmeidig in die rebellisch-ikonische Assoziation der Boston Tea Party vom 16. Dezember 1773. Aus Protest gegen die Besteuerung von Tee durch die Engländer kippten Kolonisten eine Ladung Tee in den Hafen von Boston; es war der Anfang vom Ende Amerikas als Subjekt der britischen Krone.

Die moderne außerparlamentarische Opposition der Tea-Party-Bewegung will zurück zum ungestümen Freiheitsdrang der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung. Es sind ehrlich enttäuschte und zornige Republikaner, Unabhängige, weniger Demokraten, die ihr Vaterland in den Ruin treiben sehen und aufstehen. Fast alle sind weiß, viele ergraut. Keiner schwimmt im Geld, sonst hätte sich längst ein Milliardär wie einst Ross Perot 1992 an die Spitze der Unzufriedenen gesetzt.

Das kann noch kommen, wenn den Tea-Party-Aktivisten gelingt, was sie im Wahljahr 2010 im ganzen Land planen: mit rechtem Volkszorn Druck auf Politiker (zumal der Republikaner) bei den Vorwahlen auszuüben. Selbst John McCain ist sich in diesem Jahr seines Senatssitzes für Arizona nicht mehr sicher. Die Tea-Party-Bewegung sieht McCain als das Problem Amerikas, nicht als Lösung.

Ob die Tea Party ihre Kräfte zu bündeln versteht und in Washington Schrecken verbreiten kann, ist noch offen. Beobachter in Nashville registrierten am ersten Tag des Kongresses erstaunt, dass die Veranstaltung ohne Hymne oder Eid (Pledge of Allegiance) begann, wie ihn Amerikas Schulkinder jeden Morgen schwören.

Auch war in dem Hotel kein einziges Sternenbanner zu erblicken. Das seien Anfängerfehler, wehrten sich die Veranstalter gegen Schadenfreude ihrer Kritiker. Palin hatte dazu Tröstliches notiert: “Es liegt in der Natur von Bürgerbewegungen, dass ihre Debatten lauter sind und die Organisation chaotischer.” Doch dieser Bewegung gehe es um Größeres als eine perfekt geplante Party.

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