Bemannte Raumfahrt
Der Mond ist ausgegangen
Knappes Geld und mangelndes Interesse: Die amerikanische Raumfahrt gerät ins Trudel
Der nächste Mensch auf dem Mond wird mit großer Wahrscheinlichkeit kein
Amerikaner sein. Nach dem Willen von Präsident Obama soll nämlich die Nasa ihre Pläne für die bemannte Mondfahrt und den Bau einer permanenten Basis auf dem Erdtrabanten streichen. Stattdessen will Obama private Unternehmen fördern, die nach dem Einstellen der Shuttle-Flüge Ende dieses Jahres den Transport von Astronauten und Fracht zur
Internationalen Raumstation (ISS) übernehmen sollen. Einzelheiten über die neue Ausrichtung der bemannten amerikanischen Raumfahrt werden in dieser Woche präzisiert, wenn das Weiße Haus dem Kongress seinen Etatentwurf für das kommende Finanzjahr vorlegt.
Nach der Havarie der Raumfähre „Columbia“ vor sieben Jahren war die Nasa zunächst, von
Selbstzweifeln geplagt, ins Schlingern geraten. Präsident Bush setzte daraufhin neue Akzente, als er die Behörde im Jahre 2004 anwies, spätestens bis zum Jahre 2020 die
bemannte Mondfahrt wiederaufzunehmen und eine Station auf dem Mond einzurichten. Bush
versprach, dafür den Etat der Behörde zu vergrößern. Insgesamt, so rechnete die Nasa aus, seien mindestens 104 Milliarden Dollar nötig, damit im Jahr 2020 wieder das Sternenbanner auf dem Mond gehisst werden könne. Zum letzten Mal hatten Astronauten den Erdtrabanten am 11. Dezember 1972 betreten, als Eugene Cernan und Harrison Schmitt im Rahmen von Apollo 17 dort landeten.
Geldsegen blieb aus
Allerdings blieb der von Bush versprochene Geldsegen aus. Stattdessen gab es im Nasa-Etat
nur geringe jährliche Steigerungen. Wegen der knappen Finanzierung des neuen Programms unter dem Namen „Constellation“ wurden die geplanten Termine für die Landung auf dem Mond inzwischen auf frühestens 2028 verschoben. Dennoch hat die Nasa in den vergangenen fünf Jahren mehr als neun Milliarden Dollar in das Programm investieren können. Unter
anderem wurde die Entwicklung der neuen Trägerrakete „Ares“ und ihrer Raketenmotoren aufgenommen sowie Prototypen der Raumkapsel „Orion“ (für den Transport der Raumfahrer
zum Mond) und eines neuen Mondlandegeräts gebaut.
Im neuen Etatentwurf ist nun für dieses Programm überhaupt kein Geld mehr vorgesehen – es wird eingestellt. Dennoch soll das Budget der Nasa in den kommenden fünf Jahren von
jährlich 18,5 auf etwa 20 Milliarden Dollar erhöht werden. Mit einem Teil dieses Geldes soll der Betrieb der ISS bis 2020 gewährleistet werden. Bisher hatte die Nasa geplant, ihre
Beteiligung an der Raumstation etwa 2015 zu verringern oder das Projekt sogar ganz aufzugeben. Entscheidender ist jedoch, dass Obama mit der Budgetsteigerung private Unternehmen fördern will, die künftig den Transport von Astronauten und Fracht zur
Raumstation und in erdnahe Umlaufbahnen übernehmen wollen.
Suborbitale Touristenflüge
Bald wird die Nasa nämlich nicht mehr in der Lage sein, Astronauten mit eigenen Mitteln ins All zu befördern. Der letzte Flug eines Raumtransporters ist für September geplant. Danach
werden die drei verbliebenen Spaceshuttles, „Atlantis“, „Discovery“ und „Endeavour“, in den Ruhestand geschickt. Amerikanische Astronauten können dann nur noch an Bord
russischer Sojus-Kapseln zur Raumstation gelangen. Die geplante Rakete vom Typ „Ares“ hätte diese Lücke von 2014 an schließen sollen, aber daraus dürfte nach Obamas
Vorstellungen nun nichts werden.
Stattdessen will der Präsident die private Raumfahrt fördern. Schon seit einigen Jahren entwickeln eine Reihe von Unternehmen Raumfahrzeuge, die für den Transport von Astronauten und Fracht in niedrige Erdumlaufbahnen geeignet sind. Den ersten Schritt hatte 2004 das kalifornischen Unternehmen Scaled Composites mit dem „Space Ship One“
gemacht. Unter Beteiligung von Richard Branson ist daraus inzwischen die Firma Virgin Galactic geworden, die in Kürze suborbitale Touristenflüge an die Grenze zum Weltall aufnehmen will.
Obamas Pläne heftig kritisiert
Am weitesten fortgeschritten ist zweifellos das Unternehmen Space Exploration Technologies. Es hat zwei unbemannte Raketen vom Typ „Falcon“ entwickelt, mit denen
künftig von einem Startgelände auf den Marshallinseln Fracht zur Raumstation befördert werden soll. Außerdem haben sich die beiden großen amerikanischen Luft- und Raumfahrtunternehmen Boeing und Lockheed Martin zur „United Launch Alliance“ zusammengeschlossen. Ihre Trägerraketen werden schon seit Jahren zum Start von Satelliten
der amerikanischen Luftwaffe eingesetzt und sollen jetzt für die Bedürfnisse der Nasa umgebaut werden.
Obwohl noch keine Einzelheiten über die neue Ausrichtung der Nasa bekannt sind, wurden Obamas Pläne schon heftig kritisiert. Der frühere Nasa-Chef Michael Griffin sagte, damit
würde Amerika seine führende Rolle in der bemannten Raumfahrt verlieren. Auch Kongressabgeordnete aus jenen Bundesstaaten, in denen sich Nasa-Einrichtungen mit der bemannten Raumfahrt befassen, sprachen sich gegen die Einstellung des Mond-Programms „Constellation“ aus. So gingen Arbeitsplätze verloren, und die Nasa verabschiede sich endgültig von Raumflügen, die über den Orbit der Raumstation hinausgehen, sagte Senator Bill Nelson aus Florida, der selbst im Jahr 1986 an einem Raumflug teilgenommen hatte. Andere Politiker stellten in Frage, ob private Unternehmen die Sicherheit von Astronauten bei den Flügen gewährleisten könnten.
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