Warten statt schießen
Von Christoph Prantner
15. Februar 2010, 18:30
Öffentlich soll die Großoffensive als Erfolg dastehen, als bestandener Test für Präsident Obamas neue Strategie am Hindukusch
“Das wird der Anfang vom Ende des Aufstandes sein.” So kommentieren britische Offiziere die Operation Mushtarak in der südafghanischen Helmand-Provinz. Das klingt großspurig – und ist doch nicht viel mehr als ein furchtsames Pfeifen im Wald. Die Fakten: 15.000 Soldaten bewegen sich auf eine kleine Stadt zu. Die meisten der dort vermuteten Taliban-Kämpfer haben sich längst abgesetzt oder unter die Zivilbevölkerung gemischt. Nur vereinzelt gibt es intensivere Kämpfe – wieso auch sollten sich die Taliban von einer Übermacht aufreiben lassen? Öffentlich – vor allem in den USA und Europa – soll die Großoffensive als Erfolg dastehen, als bestandener Test für Präsident Obamas neue Strategie am Hindukusch.
Aber ist sie das auch? Die Amerikaner setzen neuerdings darauf, nicht die Taliban zu bekämpfen, sondern die Zivilbevölkerung vor ihnen zu schützen. Dafür müssen Städte wie Marjah nicht nur erobert, sondern auch gehalten und kontrolliert werden. Ob das mit den insgesamt 40.000 Soldaten, die nun zusätzlich nach Afghanistan geschickt werden, zu machen sein wird, ist mehr als fraglich.
Die Taliban haben sich schon bisher als Meister des Guerillakampfes erwiesen und in den vergangenen Jahren schleichend große Teile des Landes übernommen. Das werden sie wieder versuchen, nachdem die fremden Soldaten abgezogen sind. Sie müssen nicht schießen, sie brauchen nur zu warten.
(DER STANDARD, Printausgabe, 15.2.2010)
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