Next Stop: Tehran

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„Next Stop Is Teheran“

Von Charly Kneffel

„Durchgesickerter“ IAEA-Bericht kommt wie bestellt

Irgendwie ist man fasziniert von so viel Dreistigkeit. Nachdem US-Präsident Barack Obama noch vor einigen Monaten in sehr viel verbindlicherer Weise als sein Vorgänger dem Iran scheinbar die Hand für Verhandlungen hingehalten hatte, ist nun davon keine Rede mehr. US-Außenministerin Hillary Clinton sprach bereits vor einer Woche davon, daß diese „ausgestreckte Hand“ zurückgewiesen worden sei. Es sei nun Zeit für harte Sanktionen.

Doch es gibt Gründe für die Annahme, daß die Entscheidung über einen militärischen Schlag bereits gefallen ist.

In dieser Situation hat nun die IAEA (Internationale Atombehörde) einen neuen Bericht erstellt, der offiziell erst am 1. März vor dem Gouverneursrat der Behörde vorgestellt und diskutiert wird. Obwohl eigentlich also noch gar kein offizielles Papier, erfüllt er bereits seinen Zweck, denn der zehnseitige Bericht ist – man möchte sagen: wie bestellt – bereits am Donnerstagabend „durchgesickert“ und damit propagandistisch brauchbar. Streng genommen enthält er eigentlich überhaupt keine harten Informationen, dafür aber eine Menge Vermutungen, Schlußfolgerungen und Behauptungen. Offiziell heißt es, er sei aus unterschiedlichen Quellen zusammen gesetzt, in sich schlüssig und plausibel. Welche Quellen das sind, wird freilich nicht offen gelegt.

Vor allem wird gesagt, daß , würde die iranische Behauptung das angereicherte Uran nur für friedliche Zwecke benötigen, man dafür nur Uran bis zu 3,5 Prozent brauche, man habe aber schon 20 Prozent. Damit immerhin kann man sich auf eine Aussage des iranischen Präsidenten Achmadinedschad stützen, der den Iran etwas forsch zur „Atommacht“ („nuclear power“) erklärt hatte. Das mag unklug gewesen sein, ein Grund für Sanktionen oder gar einen Militärschlag ist es nicht.

Doch jetzt läuft die Maschinerie: Israels Ministerpräsident Netanjahu wirbt in den USA oofiziell für „harte Sanktionen“ („sanctions with teeth“), die gesamte US-amerikanische Rechte, Republikaner, reaktionäre Think Tanks, die CPAC (das Jahrestreffen der „American Conservative Union), der Fernsehsender FOXund andere Pressure Groups wie das AIPAC (das amerikanisch-israelische Politische Aktionskomitee) machen den nötigen publizistischen Druck. Sie verbinden dies mit erheblichem politisch-ideologischen Druck auf den US-Präsidenten, der mit seiner Politik gescheitert sei.

Dabei sind sich Sachkenner wie der heutige Politikberater George Birnbaum (früher, in der ersten Amtsperiode Benjamin Netanjahus als Ministerpräsident in Israel dessen Stabschef) der Gefahren eines militärischen Vorgehens durchaus bewußt. Es würde das iranische Volk wieder hinter seiner Führung zusammenströmen lassen.

Doch offensichtlich sind die Hoffnungen, das iranische Regime nach osteuropäischem Vorbild durch „orange“ Revolutionen zu stürzen – erklärtes Ziel aller US-Administrationen seit 1979 – diesmal eben in grün, zerstoben. John Bolton, ehemals UN-Botschafter der USA, hat neben den alten Vorwürfen, die natürlich ebenfalls nicht belegt werden – Förderung des Terrors weltweit, Bedrohung Israels, Verstößen gegen die Menschenrechte – klar gestellt, daß es gar nicht darauf ankomme, ob der Iran eine Bedrohung darstelle. Bekäme er die Bombe so würden andere Staaten – genannt wurden Ägypten, Saudi Arabien etc. – nachziehen und man bekäme einen mulitpolaren nuklearen Nahen Osten.

Frappierend die Dreistigkeit, mit der exakt die gleiche Platte aufgelegt wird wie seinerzeit im Falle des Irak, der angeblich auch an Massenvernichtungswaffen arbeite, die er „innerhalb von Tagen“ herstellen könne. Gefunden wurde nie etwas. Das einzige, was sich seit 2003 wirklich geändert hat, ist, daß statt des famosen George W. Bush und seines britischen Pudels nun der wesentlich smarter auftretende Barack Obama getreten ist. Zwar gibt es auch besonnene Stimmen wie den früheren IAEA-Inspektor Scott Ritter der der Überzeugung ist, die Wahrheit über das iranische Atomprogramm werde schließlich über den westlichen Medienhype siegen

So erscheint auch die „Muschtarak“ Offensive der Interventionstruppen in Afghanistan in einem anderen Licht. Möglicherweise hat diese Offensive weniger mit Afghanistan zu tun als mit der Freikämpfung des Hinterlandes für den Angriff auf den Iran. Anlaß für Hoffnung kann da wenig bieten. Man muß wohl Country Joe McDonald paraphrasieren: Next Stop Ist Teheran.

Veröffentlicht: 20. Februar 2010

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