Proponents of Reform Fear for Their Lives

<--

In den USA eskaliert der Streit um die Gesundheitsreform: Bereits zehn Abgeordnete die für die Reform gestimmt haben, brauchen nach Morddrohungen Polizeischutz. “Sie sind tot. Wir werden Sie kriegen”, so die Nachricht an einen Politiker.

Mit spitzfindigen taktischen Manövern versuchen die Republikaner, US-Präsident Barack Obama bei der umstrittenen Gesundheitsreform doch noch Knüppel zwischen die Beine zu werfen. So erreichten sie in der Nacht zum Donnerstag, dass ein Änderungspaket zu dem Reformgesetz, das Obama bereits unterzeichnet hat, nach der erwarteten Billigung durch den Senat noch einmal zur Abstimmung ins Abgeordnetenhaus muss. Die Demokraten betrachten dies zwar als Ärgernis, sind sich aber sicher, dass die Änderungen am Wochenende von beiden Kongresskammern verabschiedet sind.

Der weiterhin erbitterte Streit um die Reform hat sich inzwischen auch Gewalt niedergeschlagen. In den Büros von vier Kongressmitgliedern wurden die Fensterscheiben eingeworfen, und ein Abgeordneter fand nach Medienberichten auf dem Rasen seines Hauses einen Sarg vor. Mindestens zehn Demokraten im Abgeordnetenhaus haben Morddrohungen erhalten und um Polizeischutz für sich und ihre Familien gebeten. In einem anderen Fall wurde die Adresse eines Parlamentariers ins Internet gestellt und dazu aufgerufen, am kommenden Wochenende vor seinem Haus zu protestieren.

Demokraten machen Republikaner mitveratnwortlich

Die demokratische Führung zeigte sich besorgt über diese Auswüchse, der republikanische Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, John Boehner, distanzierte sich von dem Vorgehen der radikalen Reformgegner. Mehrere Demokraten machten die Republikaner aber für die aufgeheizte Stimmung mitverantwortlich.

Am Sonntag hatte das Abgeordnetenhaus mit demokratischer Mehrheit hauchdünn eine Senatsvorlage verabschiedet, die als Hauptziel vorsieht, dass 32 Millionen bisher nicht versicherte Amerikaner eine Krankenversicherung erhalten. Die Republikaner sagten geschlossen nein. Obama setzte das Gesetz zwar am Dienstag in Kraft, aber es soll in einigen Punkten noch einmal geändert werden.

Das Abgeordnetenhaus beschloss die Modifizierungen gleich nach der Billigung der Senatsvorlage, aber der Senat muss noch zustimmen, bevor Obama dieses Beipaket unterzeichnen kann. Die Demokraten hatten es eigens so geschnürt, dass es im Senat mit einfacher Mehrheit verabschiedet werden kann: Dazu wurden die Änderungen in einen direkten Bezug zum Haushalt gesetzt. Bei derartigen etatrelevanten Entwürfen reicht nach Senatsregeln eine einfache Mehrheit zur Verabschiedung aus.

An diesem Punkt setzten nun die Republikaner erfolgreich an: Sie entdeckten zwei kleine gerade mal 16 Zeilen lange Passagen in dem Beipaket, die nicht mit der Senatsregel konform sind. Sie haben gar nichts mit der Gesundheitsreform zu tun, sondern betreffen die Bildung. Nun müssen die Passagen gestrichen werden und die Abgeordneten noch einmal über das Paket abstimmen. Insgesamt haben die Republikaner 27 eigene Änderungsanträge zum Änderungspaket eingebracht, um eine Verabschiedung zumindest hinauszuzögern.

Morddrohungen erhielt unter anderem der Parlamentarier Bart Stupak, ein Abtreibungsgegner. Er hatte am Sonntag der Reformvorlage zugestimmt, aber erst nach Zusicherungen, dass vom Staat bezuschusste Krankenversicherungen auch künftig nicht für Abtreibungen aufkommen. In seinem Büro wurde eine Nachricht mit dem Wortlaut hinterlassen: “Sie sind tot. Wir wissen, wo Sie leben. Wir werden Sie kriegen.” Stupaks Parteikollegin Louise Slaughter erhielt bereits vorige Woche einen Anruf mit der Drohung, dass Heckenschützen losgeschickt würden, um Kinder von Unterstützern der Reform umzubringen.

Der Republikaner John Boehner erklärte: “Ich weiß, dass viele Amerikaner wütend über dieses Gesundheitsgesetz sind, und die Washingtoner Demokraten hören einfach nicht zu”, sagte Boehner. “Aber (…) Drohungen und Gewalt sind inakzeptabel.”

About this publication