Bombs for the Final Battle

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Bomben für den Endkampf

Von Joachim Rogge

30.03.2010

Die Gewehrschüsse, die Uniformen, das militärische Gehabe. All das hatte niemanden in der Nachbarschaft befremdet. David Stone und seine Frau Tina hatten ohnehin nie einen Hehl daraus gemacht, einer militanten Bürgerwehr anzugehören. “Hier in Michigan ist das keine große Sache”, zitierte die New York Times Tom McDormett, einen Nachbarn der Familie Stone.

Doch beim militärischen Training im Wald und den Schießübungen hinter den beiden Wohnmobilen der Stones ist es wohl nicht geblieben. Am Wochenende nahm die Bundespolizei FBI das Ehepaar Stone, einen 21-jährigen Sohn sowie fünf weitere Männer in den Bundesstaaten Ohio und Indiana fest. Ein weiterer, 19 Jahre alter Sohn der Stones ist noch auf der Flucht.

Die christlichen Krieger, die ihrer paramilitärischen Zelle den Fantasienamen “Hutaree” gaben, wähnten sich im Krieg mit dem Staat. Ihnen wirft die Anklage vor, die Ermordung eines Polizisten geplant zu haben, um bei dessen Beerdigung weitere Menschen durch Bombenanschläge in den Tod zu reißen. US-Justizminister Eric Holder sprach von “heimtückischen Plänen”.

Angeblich stand die Gruppe kurz davor, ihre Attentatspläne in die Tat umzusetzen. Mit der Zeit hatten sich Stone, der sich selbst “Captain Hutaree” nennt, und seine Mitverschwörer in einen religiösen Wahn gesteigert. Für den Endkampf gegen den “Antichristen” trainierte die Gruppe, Sprengsätze zu bauen und zu zünden. Bei Durchsuchungen fand die Polizei Gewehre und haufenweise Munition sowie Material zum Bombenbau, “Jesus will, dass wir bereit sind, uns mit dem Schwert zu verteidigen”, schwadronierte die Gruppe auf ihrer Internetseite. In Polizisten meint sie, die “Fußtruppen” des verhassten “Antichristen” zu erkennen. Der Showdown mit der Polizei, auf den sich die Gruppe vorbereitete, sollte nach ihren Vorstellungen als “Katalysator” für einen landesweiten Aufstand gegen die gottlose Regierung dienen.

So weit, so wirr. Doch auf die leichte Schulter nimmt das hierzulande niemand. Die Militanz rechtsextremer, religiöser Gruppen wächst in den USA rapide. “Solche extremistischen Gruppen finden sich überall in unserer Gesellschaft”, sagte FBI-Agent Andrew Arena, der mithalf, die “Hutaree” auszuheben.

Als eine der Ursachen für den Anstieg nannte das Heimatschutzministerium bereits vor einem Jahr die schlechte wirtschaftliche Lage, aber auch die Wahl des ersten schwarzen US-Präsidenten. Nach Angaben des Southern Poverty Law Centers, einer Bürgerrechtsgruppe, hat sich die Zahl paramilitärischer und gewaltbereiter “patriotischer Gruppen” seit der Wahl Barack Obamas auf inzwischen 127 verdreifacht. “Wir beobachten einen rasanten Anstieg und alle Formen der Radikalisierung in der Welt der Milizen”, sagte Mark Potok vom Law Center. Gemeinsam ist ihnen eine rassistische, ausländerfeindliche Weltsicht und die Überzeugung, die Regierung in Washington knechte die freien Bürger Amerikas.

Gewalt als “einzige Antwort”

John Bendell (36) erschoss Ende Februar ohne jede Vorwarnung zwei Polizisten in der Nähe des Pentagons, ehe er selbst im Kugelhagel starb. Bendell galt nach Recherchen der US-Zeitung Christian Science Monitor als Rechtsextremist mit ausgeprägtem Hass auf die Regierung. Von ähnlichen Motiven sah sich Joseph Stack beseelt, der aus Protest gegen die Steuerbehörde Mitte Februar sein Kleinflugzeug in den Sitz des Finanzamtes von Austin in Texas lenkte. Bei dem Anschlag starben neben dem Piloten zwei Beamte, 13 weitere wurden verletzt. “Gewalt ist nicht nur eine Antwort, sie ist die einzige Antwort”, hinterließ Stack in seinem Abschiedsbrief.

Fälle wie diese sind es auch, die Heimatschutzministerin Janet Napolitano zu der Formulierung anregen: “Wir müssen unser Land vor Terrorismus schützen, egal, ob hausgemacht oder ausländisch und ungeachtet der Ideologie, die dahintersteht.” Den “Hutaree” drohen nun, sollten sie schuldig gesprochen werden, lebenslange Haftstrafen.

Erscheinungsdatum 30.03.2010

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