Twenty Days That Changed America

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20 Tage, die Amerika verwandelten

Von Christoph von Marschall

10.4.2010

Die Republikaner wollten in New Orleans Kraft für den Kongresswahlkampf tanken – aber ihre Stärke scheint nachzulassen.

Die Siegeszuversicht bröckelt. Das dreitägige Treffen der Republikaner bei der Southern Republican Leadership Conference in New Orleans sollte zu einer Demonstration der Stärke werden. Bei der Kongresswahl im Herbst wollen sie Präsident Barack Obama die Parlamentsmehrheit nehmen. Die Parteiprominenz, die bei der Präsidentschaftswahl 2012 gegen ihn antreten möchte, sah die Versammlung zudem als Gelegenheit zum Schaulaufen: Sarah Palin, Mike Huckabee, Tim Pawlenty, Newt Gingrich. Am Donnerstag peitschte Gingrich die Delegierten auf: Obama sei „der radikalste Präsident in Amerikas Geschichte“. Gingrich war Anführer der Bewegung, die Bill Clinton, Obamas letztem demokratischen Vorgänger, 1994 nach nur zwei Amtsjahren die Kongressmehrheit nahm. Das will er jetzt wiederholen.

Doch die jüngsten 20 Tage haben die politische Dynamik in den USA umgedreht. Vor drei Wochen wirkte Obama wie ein schwacher Präsident, der viel verspricht, seine Pläne aber nicht durchsetzen kann. Bei der Kongressnachwahl in Massachusetts hatte er die Gestaltungsmehrheit im Senat verloren. Seine Gesundheitsreform stieß in Umfragen verlässlich auf die Ablehnung der Mehrheit. Der Vorwurf der Konservativen, er sei ein „Sozialist“, der viel zu weit gehende staatliche Eingriffe bei Banken, Autokonzernen und im Gesundheitswesen befürworte, fand Resonanz. Überall im Land bekam die „Tea Party“ Zulauf: eine Bürgerbewegung, die sich gegen die wachsende Staatsverschuldung und die Ausdehnung staatlicher Zuständigkeit richtet. Die Republikaner sahen in ihr die Massenbewegung, die den Wahlsieg bringt.

Dann folgten die 20 Tage, die Amerika verwandelten. Es hat seine Ironie, dass der Kongress den Großteil dieser 20 Tage in der Osterpause war. Das Parlament ist die Institution mit dem geringsten Ansehen. Das trifft zwar beide Parteien gleichermaßen, derzeit aber die Demokraten härter, weil sie die Kongressmehrheit haben. Zehn Tage vor Ostern verabschiedeten sie die Gesundheitsreform. Obama wirkte plötzlich stark. In den zehn Tagen seit Ostern beherrschen Skandale und Probleme der Republikaner die Schlagzeilen.

Die Gesundheitsreform ist nicht plötzlich populär geworden. Aber Obama hat gezeigt, dass er das Land verändern kann. Seit die Reform verabschiedet ist, lässt sich zudem nicht mehr so gut Stimmung gegen sie machen. Immer mehr Bürger sehen, dass sie ihnen Vorteile bringt: Studenten können länger mit ihren Eltern versichert bleiben, Versicherungen dürfen Kunden nicht mehr wegen gesundheitlicher Vorbelastung ablehnen. Jetzt fürchten die Republikaner, dass ihre Gegenkampagne doch nicht als Erfolgsrezept taugt. Ein Zeichen der Verunsicherung: Mitt Romney, der 2012 Präsidentschaftskandidat werden will, traute sich nicht, in New Orleans zu reden. Als Gouverneur in Massachusetts hatte er eine ähnliche Reform eingeführt, nun aber gegen Obamas Plan gewettert.

Zudem geriet der Parteivorsitzende Michael Steele in die Kritik. Parteihelfer, die Spenden einwerben sollen, hatten zur Klimapflege mit Spendern einen Nachtclub besucht, in dem „oben ohne“ bedient wird und der sich auf Sadomasopraktiken spezialisiert. Es ging um nur 2000 Dollar aus der Parteikasse für Drinks. Aber der Vorfall schadet dem Image, dass Republikaner die Moral hochhalten.

Auch die Nähe zur „Tea Party“ hat plötzlich ihre Tücken. Deren Anhänger wollen nicht Erfüllungsgehilfen der Konservativen sein, sondern umgekehrt die Republikaner auf Linie bringen. Vielerorts stellen sie eigene Gegenkandidaten auf oder unterstützen rechte Wettbewerber gegen moderate republikanische Amtsinhaber. Dieser Streit im konservativen Lager mindert die Aussichten ebenfalls. Die Wahl 2010 ist wieder offen.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 10.04.2010)

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