Sarah Palin Inflames Tea Party Anger

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Sarah Palin feuert den Volkszorn der „Tea Party“ an

Von THOMAS VIEREGGE (Die Presse)

15.04.2010

Die Galionsfigur der Republikaner macht gegen Steuerverschwendung mobil. Seit ihrem Rücktritt als Gouverneurin im vorigen Sommer ist die 46-Jährige zu einer fixen Größe in der US-Politik geworden.

Den 15.April haben die Amerikaner in ihrem Kalender rot angestrichen: Es ist der Tag, an dem die Frist für die Steuererklärung ausläuft. Und es ist der Tag der Abrechnung, an dem die radikale Tea-Party-Bewegung gegen die Obama-Regierung mobil macht, gegen Bürokratie, Staatseinfluss und Steuerverschwendung – Teufelswerk in ihren Augen. Wie im Vorjahr überfluteten die Aktivisten des „Tea-Party-Express“ am Donnerstag Washingtons Prachtmeile mit Countrymusik und Trommelwirbel, mit Stickern und Transparenten, mit patriotischem Gedröhn und Hassparolen.

Tags zuvor hatte Sarah Palin die Demonstranten bei einer Kundgebung in Boston aufgestachelt. Unweit des Hafens, dem historischen Ort der Steuerrevolte der Siedler gegen die britischen Kolonialherren 1773 – Geburtsstunde der amerikanischen Nation und Vorbild für die heutigen Steuerrebellen –, fachte die umstrittene Galionsfigur der Republikaner den Volkszorn gegen die Politik des Präsidenten an: „Was wir brauchen, sind Steuerkürzungen für unsere Familien.“

Ihren politischen Gegnern schleuderte die ehemalige Gouverneurin von Alaska und Vizepräsidentschaftskandidatin entgegen: „Wir bleiben der Verfassung, unseren Waffen und der Religion treu – und ihr könnt euch euren Wandel in die Haare schmieren.“ Und höhnisch fügte sie in ihrer volkstümlichen Art hinzu: „Es gibt nichts, was nicht durch eine gute, alte Wahl zu reparieren wäre.“

Von einem Moderator als smart und sexy angepriesen, war Palin in ihrer typischen Aufmachung hinters Rednerpult getreten: rote Lederjacke, dunkler Rock. Seit ihrem Rücktritt als Gouverneurin im vorigen Sommer ist die 46-Jährige zu einer fixen Größe in der US-Politik geworden – und zu einer der schärfsten Kritikerinnen Obamas. Als sie neulich über die Atomdoktrin des Präsidenten herzog, konterte der kühl: „Ich wusste gar nicht, dass Sarah Palin eine Expertin für nukleare Fragen ist.“

Die rechte Politikerin polarisiert. „Entweder man liebt sie, oder man hasst sie“, urteilen Strategen. Deshalb ist es alles andere als sicher, dass sie bei den Präsidentschaftswahlen 2012 antreten wird. Sie lässt sich mit ihrer Entscheidung Zeit und macht sie, wie sie vage formulierte, davon abhängig, „was das Richtige ist für das Land und die Familie Palin“.

Nur dritte Wahl

Umfragen geben ihr gegen Obama derzeit ohnedies keine Chance: Der Präsident würde sie mit 70 Prozent deklassieren. Selbst unter den Republikanern wäre sie bestenfalls die dritte Wahl. Die Republikaner haben die Devise ausgegeben, sich zunächst mit ganzer Kraft auf die Kongresswahlen im November zu konzentrieren.

Nicht einmal die „Tea Party“ ist vollends von Palins präsidentiellen Qualitäten überzeugt. Es ergeht ihr wie der „Tea Party“ selbst, die zwar als vitale politische Kraft angesehen wird, bei der es jedoch ungewiss ist, ob sie sich auf Dauer etablieren kann oder als rechte Stoßtruppe bei den Republikanern aufgeht. Durch rassistische Ausfälle im Zuge der Gesundheitsreform ist die Bewegung in Verruf geraten.

Bei Parteiveranstaltungen wird Palin indes als Star mit der größten Zugkraft und Medienpräsenz umjubelt. Für die viel kritisierte Politikerin war es eine Genugtuung, als sie kürzlich als Wahlhelferin für John McCain einsprang. Als Buchautorin, als TV-Kommentatorin – demnächst auch als Alaska-Fremdenführerin für „Discovery Channel“ – und als Rednerin scheffelt sie jedenfalls Millionen Dollar. Und entzündete prompt eine Kontroverse, als die luxuriösen Ansprüche der „Hockey Mum“ bekannt wurden.

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