Opposing the “Circle-the-Wagons” Mentality in Arizona

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USA: Angriff gegen Arizonas “Wagenburg-Mentalität”

Von Thomas Vieregge

29.04.2010

Wütende Proteste und Boykottdrohungen gegen das umstrittene Einwanderungsgesetz. Dieses soll der Polizei die Vollmacht geben, Bürger auf bloßen Verdacht hin zu kontrollieren.

Als im Jänner 1986 die Regierung Ronald Reagans den Martin Luther King Day als bundesweiten Feiertag einführte, sperrte sich Arizona gegen die Entscheidung von oben. Erst als der Druck übermächtig wurde, nachdem Konferenzen und Sportveranstaltungen einem Boykott zum Opfer gefallen waren und der Tourismus einen Einbruch erlitten hatte, lenkte der Staat im Südwesten der USA ein.

Freischein für Polizeigewalt

Ein gewisser Starrsinn ist den Bürgern Arizonas nicht abzusprechen, und es ist wohl kein Zufall, dass sich ihr Senator John McCain in Washington lange Zeit zum großen Außenseiter stilisierte. Einst ein Champion für die Rechte der Immigranten, der nun um seine Wiederwahl bangen muss, fiel der frühere Präsidentschaftskandidat in einer Kontroverse um, die sich wie ein Riss durch die USA zieht.

In einer Art Wagenburg-Mentalität hat der republikanische dominierte Bundesstaat das restriktivste Gesetz zur Bekämpfung illegaler Einwanderer beschlossen. Eingebracht hatte es der republikanische Hardliner und Vizemarshall Russell Pearce, der die „Illegalen“ im unheiligen Zorn verfolgt, seit er und sein Sohn als Gesetzeshüter Kugeln abbekamen.

Demnach erhält die Polizei die Vollmacht, Bürger auf bloßen Verdacht hin zu kontrollieren. Als Strafe drohen eine halbjährige Haft und eine Pönale von 2500 Dollar. Es ist eine abschreckende Maßnahme, um die illegale Einwanderung, die wuchernde Kriminalität und den Drogenschmuggel einzudämmen. Schätzungen zufolge leben in Arizona fast eine halbe Million illegale Immigranten, die Grenze gilt als Hauptschleuse für Immigranten aus Mexiko und Mittelamerika.

Wie in anderen US-Grenzstaaten auch verdingen sich die „Hispanics“ als billige Arbeitskräfte, die die Wirtschaft am Laufen halten: als Gärtner und Putzfrauen, als Handwerker und Feldarbeiter. Arizonas Bürger stöhnen indes über die grassierende Kriminalität. Der Mord an einem bekannten Farmer hat die Debatte aufgeheizt.

Bürgerrechtsorganisationen sind aufgebracht und haben für das Wochenende zu Großdemonstrationen aufgerufen. Die Latino-Gemeinde, die am stärksten wachsende Minderheit in den USA, mobilisierte für den Protest prominente Stimmen wie den Popstar Shakira. Kritiker des Gesetzes sprechen von verdecktem Rassismus, von Menschenhatz und einem Freischein für Polizeigewalt. „Das ist wie in Alabama in den 1960er-Jahren“, sagte selbst ein republikanischer Politiker in Anspielung auf die Drangsalierung der Schwarzen in den Südstaaten. Und Roger Mahoney, der Kardinal von Los Angeles, fühlt sich gar an Nazimethoden erinnert.

Obama am Zug

Arizona droht jetzt erneut eine Welle von Boykottaufrufen und Klagen. Während Texas damit kokettiert, dem Beispiel Arizonas zu folgen, sammeln Gegner Unterschriften, um das Gesetz auf dem Weg eines Referendums zu stoppen. Das Justizministerium in Washington prüft, ob es überhaupt der Verfassung entspricht, da der Grenzschutz dem Bund obliegt.

Nun ist Präsident Barack Obama am Zug. Er steht bei seinen Latino-Wählern im Wort. Vorgänger George W. Bush war mit seiner Initiative eines föderalen Einwanderungsgesetzes an seinen Parteifreunden gescheitert. Obama äußerte seine Zweifel, ob dies ausgerechnet in einem Wahljahr gelingt.

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