Despite Naive Expectations, Obama Cannot Walk on Water

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Der US-Präsident kann eben nicht über Wasser laufen

Obama und die Ölpest – Meinung

Barack Obama – Superman. Nicht wenige Amerikaner sehen ihn so. Die Ölpest im Golf von Mexiko droht dieses Urvertrauen zu erschüttern.

Es gibt unter vielen Amerikanern ein von Ausländern meist belächeltes, manchmal gefürchtetes Urvertrauen, dass ihr Präsident, der mächtigste Mann der Welt, die Menschheit vom Bösen erlösen, die Steuern senken und die Sonne aufgehen lassen könne – wenn er es nur wolle. Barack Obama wird seit bald zwei Monaten von diesem Kinderglauben verfolgt: Er soll das Ölleck im Golf abdichten, BP bestrafen und ausplündern, um den Opfern reich zu geben, er soll Härte zeigen und Gefühl, „wenigstens einmal explodieren“ (wie ihn der Filmregisseur Spike Lee anflehte) und den Amerikanern und der Welt beweisen, dass die USA größer sind als BP.

Das Ergebnis dieser Zumutungen, die in den US-Medien zu einem anfeuernden Chor anschwollen, ist ein gereizter, verunsicherter Präsident, der mit unwürdigen Grobheiten – „ich rede mit Experten, um zu hören, wem ich in den Arsch treten muss“ – versucht, den Volkszorn von sich abzulenken und seine reale Ohnmacht zu übertönen.

Erinnerungen an Jimmy Carter werden wach

Denn zum Entsetzen derer, die einmal meinten, er gehe über Wasser, ist Barack Obama nicht Aquaman und nicht einmal ein König, der BP enteignet und aus dem Land jagt. Er ist nicht obendrein kein überzeugender Populist. Sondern immer noch der professorale, coole, nachdenkliche Mann, den die Menschen nach dem „Cowboy“ George W. Bush so wunderbar fanden. Aber nun zählen ihn dieselben Medien an, die ihn anhimmelten. Um den Tag 60 des Öldisasters denkt man Jimmy Carter 1979 und die 444 Tage Geiselhaft in Teheran, die 52 Amerikaner erlebten und die Carter politisch nicht überlebte.

Es war nicht die Demütigung durch die Mullahs allein, sondern eine endlose Serie von Krisen, die Amerika und ihren Präsidenten schwach aussehen ließen: sowjetische Panzer in Afghanistan, der Atomunfall in Three Mile Island, die Erpressung des Ölkartells. Die schlechten Nachrichten flossen ohne Unterlass aus den Fernsehern und während die Teheraner Tage gezählt wurden, geriet Carter immer fester in eine Fesselung aus Zumutung und Enttäuschung. Am Ende hatte man Mitleid mit ihm, für Wähler kein gutes Gefühl. Und Ronald Reagan kam und siegte und ließ Morgen werden in einem furchtsamen Amerika.

Reagans Galgenhumor beruhigte Amerika

Obama hat früh seine Bewunderung für Reagan bekannt, er weiss, warum. Amerikanische Präsidenten werden danach beurteilt, wie sie sich in Krisen und im Ungeplanten bewähren. Reagans Galgenhumor im OP nach dem Attentat („Ich hoffe, ihr seid Republikaner“) wirkte stark, selbst seine kuriosen Vermischungen von Filmzitaten und Geschichte wurden ihm nachgesehen, weil er dabei unwiderstehlich lächelte und dem demoralisierenden Land den Glauben an sich zurückgab.

Dieser Glaube ist von zwei nicht gewonnenen, vielleicht nicht zu gewinnenden Kriegen wieder erschüttert. Obama hat sie geerbt, wie die Finanzkrise, der Überschuldung des Staats, und obendrein einen eitlen, gelähmten Kongress. Es gibt ernstzunehmende Leute, die sagen, Obama scheitere, weil er zu gut sei für dieses Land. Zu klug, zu nunideologisch, zu nobel, und deshalb zu allein.

Heiligsprechungen nützen dem Präsidenten wenig

Doch solche Heiligsprechungen nützen dem Präsidenten so wenig wie das Geschrei, er solle endlich etwas tun. Und was? Das Bohrloch mit einer Atombombe versiegeln? Tony Hayward verhaften, alle Briten ausweisen lassen? Es kommen die ersten Demagogen ins Geschäft, die sagen, wenn jemand im amerikanischen Fernsehen mit britischem Akzent über das Ölleck spreche, sei es Lüge.

Ein Geistesverwandter des Kinderglaubens an die Allmacht des Präsidenten, ist der Technikglaube Amerikas. So wie Barack Obama vielleicht zu lange an die Kraft der Vernunft, des guten Willens und Common sense in seiner Regierung glaubte, so glauben zu viele Bürger an das Diktat alles technisch Machbaren. Sie hatten, wie ihr Präsident, im Ernst geglaubt, wenn ihre Regierung einem Ölkonzern gestatte, in einer Meile Tiefe zu bohren, müsse es auch entsprechende überprüfte Alarmpläne für den GAU geben.

Technikglaube als Zwilling des Präsidentenglaubens

Der Schock, zu erkennen, dass die Aufsicht nie existierte und von ihrem unternehensfreundlichen System gar nicht geduldet werden kann, entlädt sich nun in Zorn auf die Politiker. Schlimmer als das Versagen der Regierung Bush nach „Katrina“ bewertet eine wachsende Mehrheit die Ohnmacht ihrer Mächtigen. Er frage manchmal Kritiker, was die Regierung denn anders hätte machen sollen und können, hat Obama müde berichtet: „Die Antwort ist Schweigen.“ Obama wehrt sich intellektuell gegen die Trivialisierung, ihn zum obersten Psychiater der Nation zu bestellen. Ob er sich politisch dagegen wehren kann, ist zweifelhaft.

Es ist wahr, die Ölpest hält Amerika in Geiselhaft. Daraus befreien kann es sich weder mit Messiassehnsucht, noch mit mit (leeren) Drohungen ihrer Politiker. Sondern nur mit Geduld. Und indem man aus der Demütigung Demut filtert. Demut, das amerikanische Weltbild ernsthaft in Frage zu stellen, neu nachzudenken über Energiepolitik, Technikglauben, auch die Rolle ihres Präsidenten.

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