Rating Agencies: Clueless Know-It-Alls

<--

Ratingagenturen: Ahnungslose Besserwisser

Die drei US-Ratingagenturen haben durch ihre Fehlbewertungen die Weltfinanzkrise mitverursacht. Traut sich die Politik jetzt, die Gutachten-Monster zu zähmen?

Das kommt nur selten vor: Einer der ganz großen Spieler am internationalen Finanzmarkt gibt zu, dass er Mist gebaut hat. Mist, der Steuerzahler in aller Welt Hunderte von Milliarden Euro kosten wird, Banken ruiniert und Unternehmen ins Schlingern bringt. Die mächtige amerikanische Ratingagentur Standard & Poor‘s räumte vor genau zwei Jahren ein, dass sie Wertpapiere, die mit US-Immobilienkrediten abgesichert sind, bisher viel zu gut benotet hat – mit der besten Bonitätsbewertung „AAA“. Am 10. Juli 2008 stufte sie auf einen Schlag 902 dieser Zinsprodukte drastisch herunter. Viele dieser Papiere waren plötzlich nur noch „Junk“ („Schrott“). Rückzahlung unwahrscheinlich.

Nur zwei Monate später ging die New Yorker Investmentbank Lehman Brothers pleite. Und heute? Hat sich etwas geändert? Kaum. Die drei großen Ratingagenturen – S&P, Moody’s und Fitch – tun immer noch so, als wüssten sie alles – vor allem alles besser: Kein Wunder, dass seit Monaten ein weltweiter Sturm der Empörung über sie hinwegfegt.

Die Kritiker werfen den Ratingagenturen Interessenkonflikte vor, weil sie von genau denselben Banken bezahlt werden, deren Anlageprodukte sie bewerten. Professor Thomas Straubhaar, Leiter des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), kritisiert gegenüber FOCUS: „Die Ratingagenturen sind die Schiedsrichter des Finanzsystems. Es gibt aber Vermutungen, dass sie mit den Spielern, den Banken, unter einer Decke stecken. Die Banken bezahlen die Agenturen und mehr noch: Sie schauen sich vor dem Spiel verschiedene Schiedsrichter an und wählen dann den für sie angenehmsten aus.“

Die Idee einer eigenen europäischen Ratingagentur erscheint indes chancenlos. Die weltweiten Finanzmärkte würden das wohl kaum akzeptieren. Finanzwissenschaftler Straubhaar rät daher zu einer Radikallösung: „Die Ratingagenturen müssen entmachtet werden“, indem die Marktteilnehmer sie nicht mehr ernst nehmen. „Ihre Urteile sollten nur eine unter vielen Meinungen darstellen. Auf die kann dann hören wer will.“

About this publication