Election Arithmetic for Dummies

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Obama steht 100 Tage vor den Midterm-Wahlen ohne Mittel gegen die Krise da

Weniger Häuser, weniger Autos, weniger Luxusgüter. Dafür sparen die über die vergangenen Jahrzehnte so konsumfreudigen Amerikaner neuerdings mehr. Unbezähmbarer Pioniergeist und unerschütterlicher Optimismus? Das waren einmal die stimmungsprägenden Konstanten in den Vereinigten Staaten. Heute sind viele Bürger im “Land der Freien”, das lange Zeit keine anderen Grenzen als die seiner eigenen Ambitionen kannte, verdattert. Es ist Wirtschaftskrise. Und die dauert nun schon ziemlich lange für amerikanische Verhältnisse.

Dass sich diese Befindlichkeit auch auf den Wahlkampf vor den Kongresswahlen am 2. November niederschlagen würde, war nur eine Frage der Zeit. Dass die Demokraten dem bisher wenig entgegenzusetzen haben, ist ebenfalls kein Wunder. Denn noch immer gilt die alte Kampagnenweisheit, die Bill Clintons Wahlkampfmanager James Carville 1992 ohne unnötige Umschreibungen so auf den Punkt brachte: “It’s the economy, stupid!” In schlechten Zeiten geht es vor allem um Wirtschaft, Dummkopf, und um sonst nichts anderes. Wenn Wähler Schmerzen im Geldbörsel verspüren, dann wird es – wie zum Beispiel für George Bush den Älteren 1992 – gefährlich für die Amtsinhaber.

Gegen diese krude Wahltarithmetik für Dummköpfe gibt es knapp 100 Tage vor der Wahl kaum ein Gegenmittel. Barack Obama will noch in dieser Woche bei einem Besuch in den Autofabriken von Michigan zu erklären versuchen, dass ohne sein 800-Milliarden-Konjunkturpaket alles noch viel schlimmer gekommen wäre. Aber das wird wohl ebenso wenig nützen, wie jene 30 Millionen Dollar, die die Demokratische Partei zusätzlich in die Hand nehmen will, um die 15 Millionen Jung- und Erstwähler, die Obama 2008 zum Sieg getragen haben, bei der Stange zu halten. Die Bürger, das vermelden Umfragen, sind mehrheitlich der Ansicht, dass der Präsident in Wirtschaftsangelegenheiten zu wenig für sie tue. Nur 10 Prozent erklärten zuletzt, sie hätten persönlich von der Wirtschaftspolitik des Weißen Hauses profitiert.

Das mag angesichts Obamas geerbter Schwierigkeiten ungerecht sein, aber so wie ein Präsident aus Boomjahren politisches Kapital schlagen kann, ohne für den Aufschwung verantwortlich zu sein, so büßt er in schlechten Zeiten für eine Situation, die er kaum beeinflussen kann.

Für Obamas miese Lage (und jene der USA) ist allerdings auch die Trägheit des föderalen Systems in den Vereinigten Staaten verantwortlich. Viele republikanische Gouverneure in Bundesstaaten, die jeden Cent brauchen könnten, haben Bundesmittel aus Bestemm nicht in Anspruch genommen. Von den Millionen versprochener “grüner Jobs” ist noch wenig zu sehen, genauso wie von der Verbesserung der miserablen US-Infrastruktur – im Bahnverkehr etwa wird noch immer gerätselt, wie denn die 16 Milliarden Dollar, die als Investitionen dafür vorgesehen sind, eingesetzt werden sollen. Das Geld wird Jobs bestenfalls schaffen, wenn die Midterm-Wahlen längst vorbei sind.

Bis November kann also – auch das ist Wahlarithmetik für Dummköpfe – gemutmaßt werden, ob die Republikaner 39 Sitze im Repräsentantenhaus und zehn Sitze im Senat erobern können, die sie brauchen, um den Kongress umzudrehen. Wie immer die Sache ausgeht – fest steht: Stimmung und Wirtschaftslage in den USA wird auch das Wahlergebnis kaum beeinflussen.

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