The Arrogance of the Tea Party Rebels

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Der Übermut der US-Teerebellen

Von Dietmar Ostermann

25 | 8 | 2010

Die parteiinternen Vorwahlen offenbaren den tiefen Spalt bei den US-Republikanern. Präsident Obama könnte davon profitieren.

Washington –

Der alte Löwe hat noch einmal laut gebrüllt: John McCain, Präsidentschaftskandidat der US-Republikaner und Wahlverlierer 2008, ist die Schmach erspart geblieben, von der eigenen Partei in die Wüste geschickt zu werden. Seit 24 Jahren vertritt McCain Arizona im Senat. Lange sah es so aus, als müsse er um eine fünfte Amtszeit zittern. Ein Herausforderer vom rechten Flügel setzte McCain unter Druck. Der 73-jährige Senator aber gewann am Dienstag die parteiinterne Vorwahl deutlich, mit 57 Prozent gegen 32 Prozent der Stimmen. Bei der Kongresswahl im November gilt McCains Wiederwahl nun als sicher.

In den USA ist die jüngste Schlacht des alten Kämpfers mit Spannung verfolgt worden. In normalen Zeiten hätte einer wie McCain nie zittern müssen, von den Seinen erneut nominiert zu werden. Doch Amerika misstraut der etablierten Politik. Das Land, von der Krise gebeutelt, hat Washington als Sündenbock ausgemacht. Ob Demokrat oder Republikaner, das Ansehen der Politikerkaste ist im Keller.

Bei Amerikas Konservativen kommt ein Richtungsstreit hinzu. Die „Tea Party“-Bewegung, ursprünglich ein durchaus bunter Haufen von Menschen, die weniger Staat und weniger Schulden wollen, als die Regierung von Barack Obama produziert, ist zum Sammelbecken rechter Populisten geworden. Der Ton aus dieser Ecke ist rau – nicht nur gegen den dort verhassten Präsidenten oder Muslime, sondern auch gegen jeden Republikaner, der Ausgleich sucht statt Konfrontation. So war auch McCain ins Fadenkreuz rechter Puristen geraten. Dass sich „Tea Party“-Ikone Sarah Palin aus alter Dankbarkeit für McCain verbürgt hat, der ihr mit der Berufung zur Vizepräsidentschaftskandidatin einst zu nationaler Prominenz verhalf, zeigt, wie sich die internen Machtverhältnisse verschoben haben.

Doch zweieinhalb Monate vor der Kongresswahl ist die vorläufige Bilanz der Teerebellen gemischt. Die starke Mobilisierung der Basis ist neben der schlechten Wirtschaftslage das größte Plus der Republikaner. Bei ihren Vorwahlen war die Beteiligung deutlich höher als bei den Demokraten – vor zwei Jahren war es umgekehrt. Insofern profitiert die Grand Old Party von der Energie der „Tea Party“-Bewegung.

Wo aber die Polarisierung auf die Spitze getrieben wird, werden die Grenzen der „konservativen Welle“ deutlich. In Florida hat „Tea Party“-Liebling Marco Rubio die Partei gespalten. Am Dienstag wurde Rubio als republikanischer Kandidat für den Senat aufgestellt. Um den sicher geglaubten Senatssitz aber muss die Opposition bangen, weil der populäre Gouverneur Charlie Crist, ein Mann der Mitte, die Partei verlassen hat und als unabhängiger Kandidat antritt. Auch in Kentucky und Nevada wurden der „Tea Party“ nahestehende Kandidaten nominiert, haben seither aber Wähler der Mitte verschreckt.

Damit durchkreuzt der Palin-Flügel die Strategie der Parteiführung, die Wahl zu einer Abstimmung über Obama zu machen. Dort weiß man, dass die guten Wahlaussichten nicht auf eigener Stärke beruhen, sondern der großen Unzufriedenheit mit der Regierung geschuldet sind. Doch auch wenn die Republikaner tatsächlich die Mehrheit im Kongress zurückerobern, könnten die Teerebellen schnell im Abseits stehen. In den 1990er Jahren verhalf der Übermut einer „konservativen Revolution“ im Kapitol schon einmal einem demokratischen Präsidenten zur zweiten Amtszeit.

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