The Old Reflexes

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Alte Reflexe

Von René Heilig

16.10.2010

Als ob wir dieses »Spiel« nicht schon kennen würden. Die NATO rüstet auf, will in Europa ein Raketenabwehrsystem auf- und die Atomwaffen abbauen. Und vom Generalstab in Moskau kommt umgehend die Antwort. Sie lautet: Jedem russischen Militärbezirk – es gibt demnächst vier – sollen neue Kurzstreckenraketen des Typs »Iskander« zugeordnet werden. In Brigadestärke. Dieses Programm sei von hoher Priorität bei der Umrüstung der russischen Armee, hieß es.

Die Indienststellung dieser Flugkörper sorgte bereits für Aufsehen, nachdem der Kreml als Reaktion auf US-Raketen in Polen nicht ausgeschlossen hatte, dass Russland diese Waffensysteme im Gebiet von Kaluga und in seiner Ostsee-Exklave Kaliningrad aufstellen könnte. Das alles erinnert an das wechselseitige Aufschaukeln, als es vor knapp drei Jahrzehnten um die Stationierung der sowjetischen SS-20- und der US-amerikanischen Pershing-Raketen ging. Die alten Reflexe funktionieren also noch immer. Auf beiden Seiten. So wird Politik zwar berechenbar, aber nicht vernünftiger. Denn genau mit diesen russischen Raketen versuchen die politischen Sprengköpfe in der NATO zu begründen, dass man die US-Atombomben, die auch unter deutsche Flugzeuge gehängt werden können, nicht abziehen kann vom alten Kontinent.

Bei den Debatten über die neue, noch stinkgeheime NATO-Strategie, die im November in Lissabon beschlossen werden soll, ist viel die Rede davon, dass man Russland einlade, an dem Aufrüstungsprogramm teilzunehmen. Dabei wäre es wirklich hilfreicher, sich daran zu erinnern, wie man abrüstet, Waffen zerstört und so Vertrauen schafft.

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