Sarah Palin bringt die Republikaner voran
Von Ansgar Graw
Donnerstag, 4. November 2010
Die rechtspopulistische rebellische Basisbewegung mit Palin im Rücken ist seit dem vergangenen Jahr zu einer Welle angeschwollen, mit deren Stärke weder die Demokraten noch das republikanische Partei-Establishment gerechnet haben.
Er ist jung, er hat eine attraktive Frau und süße Kinder, er ist ein hervorragender Redner, er spricht eine wichtige Minderheit in den USA an – und er heißt nicht Barack Obama: Als „republikanische Antwort“ auf den ersten afroamerikanischen Präsidenten feiert das konservative Amerika den Hispano Marco Rubio, der bei den Midterm Elections in Florida zum Senator gewählt worden ist. Der Sohn kubanischer Flüchtlinge, der perfekt Spanisch spricht, personifiziert die aktuelle Macht der Tea Party. Die mitunter reaktionäre und oft anarchische Protestbewegung, die keine zentrale Führung hat und von Arbeitslosigkeit, Wirtschaftskrise und dem Unmut über „big government“ profitiert, unterstützte außer Rubio auch den rechts-libertären Rand Paul im Bundesstaat Kentucky.
Rubio und Paul ziehen als erste Botschafter der Tea Party in den Senat der Vereinigten Staaten ein. Der 47-jährige Paul hatte zuvor noch kein politisches Amt inne. Er fiel politisch vor allem durch kritische Äußerungen über die Anti-Diskriminierungs-Gesetze in den 60er-Jahren auf. So stellte er zeitweilig eine Regelung infrage, die es Restaurantbesitzern untersagt, Schwarze abzuweisen. Sein Vater Ron ist derweil kein Unbekannter. Mit Forderungen nach radikaler Martkfreiheit bewarb er sich schon zweimal ums Präsidentenamt.
Etwa die Hälfte der von der Tea Party unterstützten Kandidaten setzte sich bei Senats-, Kongress- und Gouverneurswahlen durch. Für Paul, den neuen Senator in Kentucky, hatte Sarah Palin, die konservative Ikone des Protests gegen Obamas Politik, geworben. Auch hatte sie sich hinter Nikki Haley gestellt, die nun die erste US-Gouverneurin mit asiatischen Wurzeln (die 38-Jährige ist Tochter indischer Einwanderer) in South Carolina wird. Am Sieg des zweiten Tea-Party-Senators Rubio hat die vormalige Vizepräsidentschaftskandidatin hingegen keinen persönlichen Anteil. Zudem wären mutmaßlich Kentucky wie Florida an die Republikaner gegangen, auch ohne das Zutun der Protestbewegung.
Von Palin, die im Juli 2009 ihr Gouverneursamt in Alaska niederlegte und auch in der Tea Party nur die Rolle der regelmäßigen Einpeitscherin ausübt, sagte man bislang, sie habe Macht ohne Verantwortung. Die Grenzen ihrer persönlichen Macht wurden am Dienstag sichtbar.
Verluste trotz Unterstützung
Triumph und Niederlage liegen im Fall der populistischen Tea Party dicht beieinander. Zwar hätten die Republikaner, deren Image von der mehrheitlich als sehr negativ beurteilten Amtszeit von GeorgeW. Bush und vor allem vom Wall-Street-Crash überschattet wird, ohne die Energiezufuhr durch die Protestbewegung weniger Mandate im Kongress gewonnen. Aber der zu massive Teegeschmack der „Grand Old Party“ stößt dem moderaten Teil der Wählerschaft erkennbar auf und führte zum Verlust sicherer Senatssitze. Deswegen hat nicht nur Barack Obama eine herbe Niederlage einstecken müssen. Die zweite große Verliererin dieser Wahl ist Palin. Obama wie Palin sind derzeit beide nur für Minderheiten in ihrem jeweiligen Lager wählbar. Beide Politiker machten sich für Kandidaten stark, die scheiterten, vielleicht weil die beiden sich für sie einsetzten.
In Alaska etwa hatte sich Palin für Joe Miller ausgesprochen, und er schlug bei den „primaries“, den parteiinternen Vorwahlen, die republikanische Amtsinhaberin Lisa Murkowski. Daraufhin beteiligte sich Murkowski als „Einschreibe“-Kandidatin an der Senatswahl – ihr Name stand nicht auf den Stimmzetteln, sondern musste vom Wähler eingetragen werden. Nach derzeitigem Stand schaffte Murkowski die Sensation und schlug Miller wie den Demokraten Scott McAdams.
Die Tea Party selbst aber wird bis auf Weiteres Schrittmacher der Republikaner bleiben. Trotz der spektakulären Zugewinne bei dieser Zwischenwahl hat die Erneuerung der konservativen Partei erst begonnen. Ob dem bisherigen schlichten Nein zur Obama-Politik konkrete Politikkonzepte folgen, werden nicht zuletzt die möglichen Präsidentschaftskandidaten entscheiden, zu denen der neue Superstar Marco Rubio gehört.
Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.