Der US-Kongress schiebt das Ja zum Abrüstungsabkommen mit Russland auf die lange Bank. Ein Rückschlag für Obama.
Nach der Niederlage der Demokraten bei den Kongress-Zwischenwahlen steckt Barack Obama in einer schweren Krise. Innenpolitisch können die Republikaner mit ihrer Mehrheit im Repräsentantenhaus künftig alle Initiativen aufhalten. Aber auch außenpolitisch ist Obama geschwächt. Auf seiner jüngsten Asientour hat er einen Freihandelsvertrag mit Südkorea nicht unterzeichnet, weil er Widerstand im Kongress befürchten muss. Die Blockade des START-Abkommens stellt nicht nur den Neustart in den Beziehungen zu Moskau in Frage. Sie wirft auch Obamas Anstrengungen zurück, die Rüstungskontrolle wieder zu einem Kernthema der internationalen Politik zu machen.
Die Schlappe bei den Kongresswahlen hat diesen Mann im Weißen Haus offenbar stärker getroffen als viele seiner Vorgänger. Denn Obama gehört nicht zum Typus des „normalen” Politikers. Er ist ein Visionär, der zum Beispiel eine atomwaffenfreie Welt herbeiwünscht. Er ist ein radikaler Reformer, der die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen bringen will, drinnen wie draußen. Ein solcher Weltenbeweger braucht, um zu reüssieren, den Rückenwind der Öffentlichkeit. Statt dessen spürt Obama jetzt das Bleigewicht des Politalltags in Washington.
Wohlmeinende raten Obama, dem Beispiel Bill Clintons zu folgen. Der hat nach einem ähnlichen Wahldesaster die eigenen Programme über Bord geworfen und den Republikanern durch diesen Ruck in die andere Richtung den Wind aus den Segeln genommen. Aber Obama ist nicht so ausgefuchst im Kongressgetriebe wie Clinton; noch weniger neigt er dazu, opportunistisch um des Erfolgs willen alle Prinzipien zu opfern. Andere Beobachter empfehlen Obama das Modell von Ronald Reagan: Der Republikaner hat sich als „großer Kommunikator” immer wieder über den Parteienstreit hinweg direkt ans Volk gewandt. Obama aber ist zwar ein glänzender Redner, bisher jedoch ohne Draht zum Durchschnittsamerikaner.
Im Ringen um die Gesundheitsreform hat dieser Präsident gezeigt, dass er erstens kämpfen und zweitens nötige Kompromisse schließen kann. Obama muss sich jetzt häuten und sich als „Dealmaker” bewähren, im Streit um die Steuergesetze ebenso wie beim START-Abkommen. Ein härteres Vorgehen gegen den Iran oder ein langsamerer Abzug aus Afghanistan könnte den auftrumpfenden Republikanern diesen wichtigen Vertrag mit den Russen doch noch schmackhaft machen.
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