Der Schock über den Amoklauf von Tucson sitzt tief bei den Amerikanern. Nicht nur, weil – was schlimm genug ist – dem offenbar geistig verwirrten Täter ein neunjähriges Mädchen, ein Bundesrichter, eine Kongressabgeordnete sowie drei weitere Personen zum Opfer fielen.
Amerika beginnt sich zu fragen, in welche politische Unkultur es abzugleiten droht. Es fragt sich, ob eine über die Maßen verschärfte verbale Aggression in den politischen Auseinandersetzungen das Klima schaffen konnte, in dem ein psychisch labiler Waffennarr zur grausamen Tat schritt und sprichwörtlich eine Politikerin ins Visier nahm, deren Bundesstaat Arizona zuvor von der konservativen Sarah Palin auf ihrer Webseite mit einem Fadenkreuz markiert worden war
Am 25. März, nachdem die Tür ihres Parteibüros von Gegnern demoliert worden war, gab Gabrielle Giffords dem Sender MSNBC ein Kurzinterview – und warnte darin vor politischer Gewalt. Ein Auszug:
Es fällt wahrlich schwer, solch eine Entgleisung zu rechtfertigen. Und es gelingt der Galionsfigur der konservativ-populistischen Tea-Party-Bewegung auch nicht. Palin ist zu Recht Opfer ihrer eigenen Ignoranz, ihrer Unsensibilität und ihrer populistischen Attitüde geworden. Das Wahlvolk verzeiht so etwas nicht.
Es gelingt vielmehr einem rhetorisch brillanten Präsidenten Barack Obama, sein verunsichertes Land anzusprechen, es innehalten zu lassen und es hinter sich zu einen. Die Trauerrede zu Tucson ist vielleicht die wichtigste seiner bisherigen Amtszeit gewesen und sie mag die Basis gelegt haben zu seiner Wiederwahl. Er hat im nationalen Schmerz die Gelegenheit genutzt, zu versöhnen, nicht zu polarisieren. Dazu gehört politischer Instinkt. Aber auch menschliche Wärme und Größe.
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