US-Präsident trifft China-Lenker. Bröckelnde Weltmacht trifft neue Weltmacht. Obama trifft Hu. Wichtiger geht’s nicht auf dieser Erde. Ihr Verhältnis ist zerrüttet, doch sie brauchen einander.
Es mag Zufall sein, dass in diesen Tagen eine chinesische “Tiger-Mutter” für Aufregung in Amerikas Familien sorgt. Da hatte die Yale-Professorin Amy Chua ein Buch geschrieben, einen Erziehungsberater der besonderen Art, eine Provokation. In diesem Buch legt sie dar, warum chinesische Kinder den amerikanischen so oft überlegen sind: ganz einfach, weil sie erbarmungslos gedrillt werden. Wie die eigenen Töchter, die sie auch mal als “Dreck” bezeichnete, wenn die Noten nicht gut genug waren. Keine Übernachtungsparties, keine Kindergeburtstage und überhaupt, kein Pardon: Solange die Finger am Klavier nicht flink genug liefen, durfte die Tochter noch nicht mal zum Klo gehen.
Natürlich fallen Amerikas Mütter – und Töchter – seitdem empört über die Dame her, kritisieren sie als unmenschlich und grausam. Aber zugleich ist auch eine gewisse Angst zu spüren – davor nämlich, dass das furchterregende Modell “Tiger-Mutter” womöglich überlegen sein könnte.
Denn Amerika schaut nach Westen. Nach Asien, nach China. Europa? Da ist die alte Welt. Von gestern. Zwei konkurrierende Mächte werden die Geschicke der Welt in den kommenden Jahren bestimmen: die USA und die Volksrepublik China.
Der “letzte Apparatschik” und der Popstar
Jetzt treffen die beiden mächtigsten Männer der Welt aufeinander, sie könnten kaum unterschiedlicher sein: US-Präsident Barack Obama, der sich so locker gibt, und Hu Jintao, Staatspräsident der Volksrepublik China, einer, der Interviews bestenfalls schriftlich gibt. Der “letzte Apparatschik”, wie das US-Magazin “Newsweek”schrieb. Das Weiße Haus liefert Pomp und Gloria. Alles, was das Protokoll so hergibt: Salutschüsse aus 21 Kanonen, gleich zwei festliche Abendessen, eines davon das hochoffizielle State Dinner, das nur ausgesuchten Staatsbesuchern gewährt wird. So festlich wurden von Obama bislang nur die Präsidenten von Mexiko und Indien bewirtet. Und nun Präsident Hu. Man wird in Washington einander Respekt erweisen und Zusammenarbeit beschwören, und sicher wird oft zu hören sein, dass es sich um einen höchsthistorischen Besuch handele.
Und es ist ja auch ein gewaltiges Symbol: Das autoritäre China präsentiert sich mächtig, selbstbewusst, siegessicher – den USA ebenbürtig. Schon wird der Staatsbesuch als Treffen der “G2” bezeichnet – im Unterschied zu den lahmen Palaverrunden der G7 oder G8, dort, wo die Europäer noch den Ton angeben.
Die Periode der Bescheidenheit ist vorbei
Beim altehrwürdigen Politestablishment mögen nostalgische Erinnerungen wach werden an den ersten historischen Besuch dieser Art. Vor 32 Jahren war das, als ein gewisser Deng Xiaoping nach Amerika kam, klein und zäh, er rauchte und spuckte und sah sich in Texas begeistert ein Rodeo an. Sein Besuch war das Symbol für Chinas Öffnung, für eine beispiellose ökonomische Erfolgsstory, die China innerhalb weniger Jahrzehnte zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt wachsen lassen sollte. Deng Xiaoping, der Pate des modernen China, hatte damals allerdings auch eine außenpolitische Strategie formuliert: Bescheidenheit. Zurückhaltung – solange China nicht mit anderen Mächten ebenbürtig sei.
Die Periode der Bescheidenheit ist vorbei. China lässt aggressiv die Muskeln spielen. In wenigen Jahren schon, es gilt als unumkehrbar, wird China die mächtigste Wirtschaftsmacht der Welt sein. Wer, wenn nicht China, trug entscheidend dazu bei, die vom Westen verursachte Wirtschaftskrise zu überwinden? Mit einem gigantischen Konjunkturprogramm im eigenen Land, mit dem massenhaften Kauf von Staatsanleihen maroder EU-Staaten, etwa von Griechenland, Portugal und Spanien. Chinas steigender Konsum finanziert den Wirtschaftsaufschwung in Ländern wie Deutschland.
Zwei Pandabären namens Sunshine und Sweetie
Gerade war ein stellvertretender Ministerpräsident zu Besuch in Europa, allein in Berlin vergab er mal eben Aufträge im Wert von über acht Milliarden Euro. Und in Großbritannien hinterließ er ein symbolträchtiges Geschenk für den Edinburgh-Zoo: zwei Pandabären, sie heißen ausgerechnet Sunshine und Sweetie.
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