Olivenzweig mit Dornen
von Markus Ziener
26.01.2011
Entschlossen, aber konziliant gab sich US-Präsident Barack Obama in seiner Rede zur Lage der Nation. Geschuldet war dies vor allem den neuen Mehrheitsverhältnissen im Kongress. Auch schlug er als Beitrag zum Schuldenabbau ein fünfjähriges Ausgabenmoratorium vor. Ob dies den Showdown zwischen Demokraten und Republikanern vermeidet ist indes fraglich.
Der entscheidende Satz fiel gleich zu Anfang. „Entweder gehen wir gemeinsam voran oder überhaupt nicht“. Es war der Kern der Rede zur Lage der Nation des amerikanischen Präsidenten Barack Obama, weil er damit sowohl dem Aufruf zu mehr Miteinander nach den Schüssen von Tucson Rechnung trug. Aber auch, weil die neuen Mehrheitsverhältnisse im Kongress genau das erfordern: Zusammenarbeit. Und stimmen die jüngsten Umfragen, dann wünschen sich die Amerikaner auch genau das.
Ob es in den kommenden 21 Monaten bis zu den nächsten Präsidentschaftswahlen allerdings tatsächlich zur Kooperation zwischen Demokraten und Republikanern kommen wird ist offen. Zwar saßen Vertreter der beiden Parteien diesmal einträchtig nebeneinander – ein Novum bei solchen Anlässen. Doch aus den Reaktionen der Republikaner nach der Rede wurde deutlich, wie tief der Graben zwischen den Lagern weiterhin ist. Allerdings auch innerhalb der republikanischen Partei. Denn die leistete sich diesmal zwei höchst unterschiedliche Antworten auf die Obama-Rede: Einmal offiziell von dem Budgetspezialisten Paul Ryan. Und danach noch einmal von der Tea Party-Aktivistin Michele Bachman. War Ryans Rede konservativ, aber abgewogen, vereinfachte Bachman die vielen Probleme des Landes wo nur möglich.
Dabei hatte Obama gar nicht so viel Munition für Angriffe geliefert. Der Präsident, dessen Popularitätswerte in den letzten Wochen einen regelrechten Höhenflug erfahren haben, versuchte die Probleme zu benennen, aber auch Aufbruchsstimmung und Optimismus zu erzeugen. Als hätte er sich den Satz von Bill Clinton: „Ich fühle Deinen Schmerz“ zur Leitlinie seiner Rede gemacht, erzählte er plastisch und einfühlsam anhand vieler Beispiele, wie die Folgen der Finanzkrise noch immer die Menschen in den USA betreffen. Sein Plädoyer: “Ja, wir müssen sparen, aber wir dürfen dabei nicht die Verletzlichsten der Gesellschaft treffen“.
Wo seiner Meinung nach die Grenzen des Sparens liegen, machte er an verschiedenen Teilaspekten deutlich. Etwa an der Bildung: Der Präsident trat leidenschaftlich dafür ein, dass die Schulen wieder auf ein höheres Niveau kommen müssten. Obama machte klar, dass die USA Gefahr liefen, ansonsten von anderen Ländern abgehängt zu werden. Obama sprach auch über die Infrastruktur des Landes, die einst sehr gut gewesen sei und inzwischen vielfach vernachlässigt wurde.
Und Obama sprach auch über den Klimawandel, obwohl er nur Stunden zuvor seine Umweltzarin im Weißen Haus, Carol Browner, verloren hatte. Die hatte aus Frust über den Stillstand in der Umweltpolitik das Handtuch geworfen. Doch Obama kündigte unverdrossen an, dass bis zum Jahr 2035 rund 80 Prozent der Elektrizität in den USA aus sauberen Energiequellen kommen würden. Wenn diese Anstrengungen alle verknüpft würden, könne es zu einem „Sputnik-Moment“ kommen, sagte Obama. Gemeint war damit die Intialzündung durch den 1957 erfolgten Start des russischen Sputnik-Satelliten ins All – und der in der Folge einen wissenschaftliche Quantensprung auslöste.
An diesen Linien entlang dürfte sich die Konfrontation über die Art und Weise des Sparens abspielen. Die radikalen Kürzungsvorschläge insbesondere aus den Reihen der Tea Party gefährden nicht nur nach Ansicht des Präsidenten die Zukunftsfähigkeit der USA. Doch wurden die Republikaner im vergangenen November exakt aus Unmut über die Rekordverschuldung gewählt. Wenn sie dem Wählerwillen folgen ist der poltische Zusammenstoß unvermeidlich.
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