The Dollar Time Bomb Is Ticking

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Die Dollarbombe tickt

Von Harald Schumann

18.02.2011

Die dramatische amerikanische Staatsverschuldung gefährdet das ohnehin labile Währungsgefüge. Harald Schumann erläutert, warum die USA in die Inflation gehen werden und der nächste Finanzkollaps droht.

Wenn die Finanzminister und Notenbankchefs der G20-Staaten an diesem Wochenende in Paris zusammenkommen, droht dies einmal mehr eine ergebnislose und frustrierende Veranstaltung zu werden. Mit großem Pomp hat Frankreichs Staatspräsident als amtierender G20-Vorsitzender den Gremien der Weltenlenker eine gewaltige Agenda aufgedrückt. Nicht nur sollen der steile Anstieg der Rohstoff- und Agrarpreise begrenzt und die Ungleichgewichte im Welthandel entschärft werden. Zugleich, so forderte Sarkozy, müsse eine neue Ordnung für das Geschehen auf den Devisenmärkten gefunden werden, um chaotischen Entwicklungen bei Wechselkursen und Kapitalströmen vorzubeugen.

Doch der wichtigste Adressat dieser Forderung, die Regierung in Washington, zeigt dem Antreiber aus Paris die kalte Schulter. Zielzonen für Wechselkurse, womöglich gar Einschränkungen für den internationalen Kapitalverkehr? Davon wollen die Regenten der Wall Street nichts wissen. Schließlich sind sie mit der bisherigen Währungs-(un)ordnung gut gefahren. Die exportsüchtigen Chinesen, Deutschen und Japaner liefern ihnen viele schöne Waren zu niedrigen Preisen und bekommen dafür amerikanische Wertpapiere, für die läppische zwei bis drei Prozent Zinsen zu zahlen sind – aus US-Sicht ein prima Deal. Insbesondere Chinas Wirtschaftslenker, die alle mit dem Export ins Land strömenden Dollar zum Fix-Kurs kaufen, um eine Aufwertung des Renminbi zu verhindern und den Dollarwert ihrer Produkte niedrig zu halten, finanzieren Amerika so ein Leben auf Pump weit jenseits der eigenen Produktionskapazitäten. Klar, die Auslandsverschuldung von Staat und Wirtschaft in den USA steigt damit Jahr für Jahr um mehrere hundert Milliarden Dollar. Aber das war bisher noch immer hauptsächlich ein Problem der Gläubiger, allen voran der Chinesen, die mittlerweile einen 2,8 Billionen Dollar schweren Devisenschatz angehäuft haben, der zu großen Teilen in Dollaranlagen investiert ist.

Und so üben sich US-Finanzminister Timothy Geitner und mit ihm seine Kollegen aus Deutschland und Großbritannien in kühler Ignoranz gegenüber den Warnrufen von Sarkozy und seiner Finanzministerin Christine Lagarde. Sollen doch die Chinesen die Dollar-Bindung des Renminbi aufheben, so lautet die Losung in Washington und Berlin, dann werde der Markt alles Übrige schon richten.

Aber diese Haltung ist ebenso kurzsichtig wie unverantwortlich. Denn die dramatische Ausweitung der amerikanischen Staatsverschuldung im Gefolge des Beinahe-Kollaps der US-Großbanken und der anschließenden Rezession gefährdet zusehends das ohnehin höchst labile Währungsgefüge. Mittlerweile entspricht die Gesamtlast aller öffentlichen Schulden der USA fast dem gesamten Bruttoinlandsprodukt (BIP) eines Jahres. Auch die Neuverschuldung erreicht im laufenden Haushaltsjahr wieder knapp zehn Prozent des BIP, liegt also etwa auf dem Niveau von Griechenland. Und ein Ende der Schuldenspirale ist nicht absehbar, weil Amerikas Bürger dem US-Kongress mit der Wahl der Republikaner ein Mandat erteilt haben, das sowohl Steuererhöhungen zu Lasten der Vermögenden als auch Einsparungen im 800 Milliarden Dollar schweren Militäretat ausschließt. Immer offensichtlicher wird damit, dass der amerikanische Staat seine Schulden nicht mehr bezahlen wird. Absehbar ist vielmehr, dass die absteigende Supermacht früher oder später den einzig möglichen Ausweg aus der Schuldenmisere einschlagen wird: Die Notenbank Federal Reserve (Fed) wird die Inflation laufen lassen, um die Schuldenlast zu senken und die Guthaben der Gläubiger zu entwerten.

Die Profis auf dem Anleihemarkt haben die Signale auch längst verstanden. Pimco, die weltweit größte Vermögensverwaltungsgesellschaft (und Tochterfirma des Allianz-Konzerns) kauft keine US-Staatsanleihen mehr und hat ihren Bestand drastisch heruntergefahren. Und sogar Chinas Währungslenker haben begonnen, die riskanten Papiere abzustoßen und gegen solche in Euro und Yen zu wechseln. Gleichzeitig haben die Chinesen, kaum bemerkt von den westlichen Markteiferern, ihren Handelsüberschuss seit 2007 beinahe halbiert und müssen also längst nicht mehr so viele Exporterlöse im Ausland anlegen, um ihre Währung stabil zu halten. All das führte nur deshalb noch nicht zu drastischen Zinserhöhungen für US-Anleihen, weil die Federal Reserve mehr als eine Billion Dollar zusätzlich aus dem Nichts geschaffen hat und damit kurzerhand die Schuldtitel der Regierung kaufte. Ganz offiziell ist nun die Fed selbst der größte Gläubiger des US-Staates, noch vor China.

Aber bereits im Juni soll diese Staatsfinanzierung auf dem Wege der Geldschöpfung enden. So jedenfalls hat es das Fed-Direktorium unter Führung des Notenbank-Königs Ben Bernanke angekündigt. Wenn sich dann nicht ausreichend Käufer für Amerikas Schuldenpapiere finden, könnte dies dramatische Folgen haben. Nicht nur würden die Zinsen am US-Kapitalmarkt schnell steigen und damit die Wirtschaft erneut in die Rezession stürzen. Zu befürchten ist auch, dass in- wie ausländische Anleger in Panik vor einem möglichen Wertverfall des Dollar ihre US-Investments auf den Markt werfen und damit Banken und Fonds einmal mehr in Schieflage geraten. Das muss nicht so kommen, aber es kann. Darum wäre es dringend erforderlich, jetzt einen Plan zu entwickeln, wie einem solchen Szenario zu begegnen wäre. Und dazu würde auch ein Konzept gehören, mit dem sich die Regenten der großen Währungen in Peking, Tokio, Washington und Frankfurt darauf festlegen, ihre Geld- und Wechselkurspolitik künftig so abzustimmen, dass alle gemeinsam auf Basis eines stabilen Währungssystems florieren können, anstatt sich mit dem Beharren auf vermeintlichen nationalen Interessen gegenseitig zu sabotieren. Und wenn dazu Wechselkurszielzonen oder Kontrollen des Kapitalverkehrs notwenig sind, dann müssen sie eben sein. Weggucken und das Abschieben der anwachsenden Probleme in ergebnislose Arbeitsgruppen, wie es die G20-Kleingeister derzeit planen, ist jedenfalls ganz gewiss keine Lösung. Die Dollarbombe tickt und wird eher früher als später auch hochgehen.

Die Globalisierung erzeugt eine stetig wachsende gegenseitige Abhängigkeit der Völker und ihrer Volkswirtschaften voneinander. Diese simple Erkenntnis war es, die einst die Gründung der G20 beflügelt hat. Hoffentlich muss das Finanzsystem nicht noch einmal kollabieren, damit die Verantwortlichen die Lektion endlich lernen.

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