Vetoing Yourself

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Veto gegen sich selbst

Von Avi Primor

24.02.2011

US-Präsident Obama verrät den eigenen Kurs. Gleichzeitig isoliert sich Israel, und Palästina denkt nur kurzfristig. All das ist verheerend für Nahost.

Die Amerikaner haben im UN-Sicherheitsrat ihr Vetorecht in Anspruch genommen, um die Verabschiedung einer Resolution zu blockieren, die den Siedlungsbau im Westjordanland und in Ostjerusalem verurteilte. Damit haben sie nicht nur allen anderen Mitgliedern des Sicherheitsrats, sondern auch ihrer eigenen Politik widersprochen. Seit seinem Amtsantritt vor beinahe zwei Jahren hat Obama in seiner Nahostpolitik vor allem auf die Bemühungen um einen Siedlungsbaustopp im Westjordanland gesetzt. Auch am vorigen Freitag hat seine Botschafterin Susan Rice vor dem UN-Sicherheitsrat den Siedlungsbau verurteilt – obwohl sie ihn gerettet hat.

Für diese widersprüchliche US-Politik, die von der israelischen Regierung als „großer Erfolg“ bezeichnet wird, gibt es keine andere Erklärung als die Zwänge der amerikanischen Innenpolitik. Seit Barack Obama im November 2010 die Kongresswahlen verloren hat, steht er unter ungeheurem Druck. Er stellt sich als derartig geschwächt dar, als könne er in der internationalen Politik keine Initiative mehr ergreifen. Sollte das aber tatsächlich so sein, wird er wahrscheinlich auch auf wirtschaftlichem Gebiet nichts Effizienteres mehr leisten können.

Die israelische Regierung versteht, dass ihr Ansehen in der Weltarena nicht nur Punkte verliert, sondern rasant sinkt. Sie steht da wie ein von einer Schlange hypnotisiertes Kaninchen. Diese Regierung ist zu keiner Initiative mehr fähig und denkt ausschließlich an das Überleben der Koalition, die nur in gelähmtem Zustand zusammenhalten kann. Vierzehn Mitgliedstaaten des UN-Sicherheitsrats haben gegen Israel und gegen die Vereinigten Staaten votiert. Sollte diese Resolution nun vor die Vollversammlung der Vereinten Nationen kommen, was sehr wahrscheinlich ist, dann werden wohl fast 190 der 192 Mitgliedstaaten ihr zustimmen. So isoliert war Israel seit Gründung des Staats 1948 noch nie.

Auch angesichts der erdrutschgleichen Entwicklungen im Nahen Osten steht Israel ratlos da. Um der internationalen Isolierung entgegenzuwirken und um die nötigen Vorkehrungen angesichts der nahöstlichen Turbulenzen zu treffen, müsste Israel eine neue Friedensinitiative mit den Palästinensern wie auch mit den Syrern ins Leben rufen. Die Innenpolitik hat aber die Oberhand, selbst wenn das für die gesamten Interessen des Staats verheerend ist.

Präsident Obama hat sich nach besten Kräften bemüht, den Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas dazu zu bewegen, auf die Vorlage seines Resolutionsentwurfs vor dem UN-Sicherheitsrat zu verzichten. Dies sollte den Amerikanern aus der Klemme helfen. Als Gegenleistung versprach Obama den Palästinensern zahlreiche politische, militärische und wirtschaftliche Vorteile. 50 vergebliche Minuten lang telefonierte Barack Obama mit Mahmud Abbas. Dabei hätte es im Interesse der Palästinenser und ihrer Zukunft gelegen, dem in Bedrängnis geratenen US-Präsidenten entgegenzukommen und seine Angebote zu akzeptieren. Das hat Mahmud Abbas aber aus innenpolitischen Erwägungen heraus abgelehnt.

Diese verheerende innenpolitische Nabelschau deutet darauf hin, dass es in allen drei Lagern keine Staatsmänner gibt, sondern nur Alltagspolitiker, die für Krisenzeiten ungeeignet sind.

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