Wanted: A Strong Republican

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Starke Republikaner gesucht

Von Martin Klingst

12.3.2011

Vor vier Jahren war das republikanische Team für die Vorauswahl im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf bereits aufgestellt. Es stand fest, wer in den Kampf um das Weiße Haus ziehen wollte. Mehr als ein halbes Dutzend Republikaner stand in den Startlöchern.

Diesmal scheint alles anders zu sein. Obama wird sich um eine zweite Amtszeit bewerben, er hat bereits sein Wahlkampflager in Chicago errichtet. Doch seine Herausforderer halten sich bedeckt. Einige tänzeln bereits hinter der Bühne, aber wagen noch nicht den entscheidenden Schritt vor den Vorhang. Niemand hat bislang eindeutig seine Kandidatur angekündigt.

Wer durchs Land fährt, gewinnt den Eindruck, als suche zwar das republikanische Parteivolk verzweifelt einen geeigneten Kandidaten. Aber die Kandidaten scheuen sich, das Volk suchen. Das Zögern hat Gründe. Obama ist ein sehr schwieriger Gegner. Seine Popularität im Volk ist immer noch hoch und nach dem eindrucksvollen Sieg der Republikaner verschieben sich derzeit wieder die politischen Gewichte. Überdies: Obama ist ein grandioser Wahlkämpfer. Das verschreckt manche.

Der eigentliche Grund des republikanischen Versteckspiels aber ist: Es gibt keinen klaren Favoriten, keinen, dem die konservativen Herzen und die Wähler der Mitte zufliegen würden. Keinen, dem man sofort sagen würde: Du bist es! Jene, die vielleicht das Zeug dazu hätten wie Chris Christie, der Gouverneur von New Jersey, haben dankend abgelehnt und warten lieber auf 2016 und die Ära nach Obama.

Übrig bleibt nur die zweite Garde, Kandidaten mit vielleicht hohem Unterhaltungswert, aber vielen Schwächen. Da ist zum Beispiel Mitt Romney, der mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit antreten wird. Er hatte sich schon einmal vor vier Jahren beworben, aber ging damals unter.

Romney ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, aber hat zwei, vielleicht sogar drei entscheidende Nachteile: Als Gouverneur des US-Bundesstaats Massachusetts half er einer Gesundheitsreform zum Durchbruch, die jetzt Obamas Reform als Blaupause diente. Die sogenannte Obamacare ist für Konservative des Teufels. Sie müssten sich selbst stark überwinden, um Romney auf die Wahlkampfbühne zu schieben.

Der tut jetzt so, als sei sein Gesetz völlig anders gewesen, was zu seinem zweiten, großen Problem führt: der mangelnden Glaubwürdigkeit und fehlenden Authentizität. Immer strahlend, aber nie greifbar und aalglatt – viele Amerikaner, auch in seiner eigenen Partei, vergleichen ihn mit Ken, der männlichen Puppe aus der Barbie-Reihe. Sein drittes Handicap: Romney ist Mormone, womit gerade viele christliche Konservative große Schwierigkeiten haben.

Antreten wird wohl auch der ehemalige Gouverneur von Minnesota, Tim Pawlenty. In seinem überwiegend demokratischen Staat hat der Republikaner acht Jahre lang eine ausgleichende, moderate Politik betrieben. Jetzt aber buhlt er um die Stimmen seiner rechtsgedrehten Partei und geriert sich als oberster Standartenträger der Tea Party. Sein ständiger Kalauer: “Obama mag in Amerika geboren sein, aber er lebt auf einem anderen Planet!” Selbst Freunde schütteln den Kopf.

Ein respektabler Kandidat wäre der Gouverneur von Indiana, Mitch Daniels. Immerhin hat er es geschafft, seinen Bundesstaat aus schwerer Finanznot zu befreien. Nur kennt ihn keiner, er ist ein schlechter Redner und hat die Ausstrahlung eines Kassenwarts. Daniels tut sich schwer mit der Entscheidung.

Mit von der Partie wird wahrscheinlich Newt Gingrich sein. Ihn kennen viele Amerikaner, vor 15 Jahren war er Sprecher des Repräsentantenhauses und raubeiniger Gegenspieler von Bill Clinton. Doch Gingrich ist ein Polarisierer, was die politische Mitte Amerikas verschreckt. Außerdem ist er in dritter Ehe verheiratet und zum Katholizismus konvertiert, was eigentlich egal sein sollte. Doch evangelikale Christen, die in den Vorwahlen eine entscheidende Stimme haben, nehmen ihm das sehr übel.

Bleiben noch zwei ehemalige Gouverneure, die möglicherweise kandidieren: Mike Huckabee, Prediger, Ex-Gouverneur von Arkansas und Kandidat von 2008. Und Sarah Palin, die Ikone der Tea Party Bewegung, Ex-Gouverneurin von Alaska und Ex-Vizepräsidentschaftskandidatin.

Huckabee ist gerade auf Werbetournee für sein neuestes Buch. Er verdient viel Geld als Moderator beim Fernsehsender Fox, baut sich gerade eine teure Villa in Florida und hat darum bislang keinerlei Vorbereitungen für den Wahlkampfmarathon getroffen. Auch wenn er noch nicht abwinkt, die rechte Lust an einer Bewerbung scheint ihm zu fehlen.

Bleibt noch Sarah Palin. Alle warten auf ihr Zeichen. Träte sie an, würde ihr alle Aufmerksamkeit zuteil, jedenfalls in den ersten Runden. Keiner wird soviel Enthusiasmus entfachen wie sie, aber auch niemand wird auf soviel Ablehnung stoßen. Sie polarisiert, selbst unter Republikanern.

Weil die Negativwerte für sie ungewöhnlich hoch sind, wird sie sich eine Kandidatur zweimal überlegen. Sie müssten dann auf ihren ebenso bequemen wie lukrativen Job bei Fox TV verzichten. Der Sender hat ihr in Alaska ein eigenes Fernsehstudio eingerichtet. Zudem: in ihrer jetzigen Rolle ist sie eine mächtige Strippenzieherin in der Partei. Welche Republikaner auch immer am Wettkampf teilnehmen, sie werden an Sarah Palins Fäden zappeln. Keiner wird es sich mir ihr und ihren Unterstützern verderben wollen.

Wirklich starke republikanische Präsidentschaftsbewerber gibt es derzeit nicht. Doch vielleicht gewinnen sie ja noch an Kraft und Ausstrahlung.

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