Obama’s Dilemma: Intelligence Services Instead of the Armed Forces

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Obamas Dilemma: Geheimdienst statt MilitärUS-Präsident erleichtert über Nato-Entscheidung. CIA-Agenten sollen für Klarheit an der libyschen Front sorgen

Bodentruppen sind durch UN-Mandat nicht gedeckt. Aber nur aus der Luft geführt, muss der Einsatz unpräzise bleiben

Washington

Am frühen Donnerstag wurde der Abschluss einer verfrüht angekündigten und zäh ausgehandelten Übergabe vermeldet: Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen bestätigte, dass die Militärallianz das Kommando zur Durchsetzung des Flugverbots über Libyen und zum Schutz der Zivilbevölkerung innehabe. Die USA, die mit ihrer Operation “Odyssee Morgendämmerung” die Aktion faktisch geführt hatten, haben damit die Verantwortung verteilt. Das hatte Barack Obama bereits in seiner Rede zur Lage der Nation angekündigt. “Wahre Führungskraft”, so der US-Präsident in Washington, “schafft Bedingungen und Koalitionen”, damit Verbündete “ihren Teil der Lasten tragen und ihren Teil der Kosten bezahlen”.

Muammar al-Gaddafi, 1986 von Ronald Reagan als “tollwütiger Hund des Nahen Ostens” geschmäht und Drahtzieher tödlicher Terrorattacken gegen US-Bürger wie dem Lockerbie-Anschlag von 1988, steht in den USA weit oben auf der Liste verhasster Staatsführer. Dennoch ist der Militäreinsatz nicht populär. In den Tagen vor Obamas Rede am Montag sprachen sich in einer Meinungsumfrage 50 Prozent der Befragten für und 48 Prozent gegen ihn aus. Die teuren und blutigen Kriege in Afghanistan und im Irak und die Wirtschaftskrise dämpfen die Stimmung. Obama schloss daher einen Einsatz von Bodentruppen aus. Er wäre auch von der Resolution 1973 des UN-Sicherheitsrates nicht gedeckt.

Dass sich aber eine derartige Militäraktion nicht nur aus der Luft und der sicheren Entfernung der Kriegsschiffe und U-Boote vor der Küste durchführen lassen würde, war für Militärexperten klar. So mussten am 4. Tag der Operation die beiden Piloten eines südwestlich von Bengasi abgestürzten Jagdflugzeugs F-15 E geborgen werden. Mehrere Hubschrauber waren im Einsatz. Soldaten operierten dabei zumindest für kurze Zeit auf libyschem Terrain. Obwohl ein Sprecher der Einsatzverbände dies zunächst dementierte, kam es dabei offenkundig zum Schusswechsel mit Libyern.

Nach Informationen des Fernsehsenders CNN waren auch CIA-Agenten an der Bergung der beiden Soldaten beteiligt. Dass der US-Geheimdienst in Libyen mit von der Partie ist, hatte Obama bereits in seiner Rede angedeutet, in der er die künftige Rolle der USA als “unterstützend” beschrieb und Stichworte wie Logistik, Störung der Funkkommunikation des Regimes und die Bereitstellung geheimdienstlicher Erkenntnisse aufzählte. Was das konkret bedeutet, beschreibt die “New York Times”: CIA-Agenten übermitteln aus Libyen Informationen und Koordinaten für die Luftschläge, schreibt das Blatt. Zudem hätten sie Kontakte zu den Rebellen hergestellt. Von einer derartigen Zusammenarbeit mit den USA sprachen Aufständische in Bengasi bereits kurz nach dem Beginn der Militäraktion. Auch Agenten des britischen Auslandsgeheimdienstes MI 6 sollen in Libyen aktiv sein, zudem Einheiten der britischen Spezialkräfte. Über die Frage, welche weiteren, nicht nur westlichen Geheimdienste sich derzeit in dem nordafrikanischen Land tummeln, darf spekuliert werden. Bei den CIA-Mitarbeitern vor Ort soll es sich sowohl um Personen handeln, die schon zu Friedenszeiten in Tripolis aktiv waren, als auch um Agenten, die später ins Land einsickerten. Die CIA-Präsenz in Libyen dürfte allerdings nicht groß gewesen sein. Libyen sei nicht im Fokus geheimdienstlicher Aufklärung gewesen, heißt es. Darum bemühen sich die Agenten nun offenkundig intensiv, ein zuverlässiges Bild von den Aufständischen und ihren Zielen zu gewinnen. Geklärt werden soll die Frage eventueller Verbindungen zu al-Qaida ebenso wie die Struktur des Widerstandes. Kämpfen hier Freiheitskämpfer gegen einen Diktator? Oder die Bewaffneten eines rivalisierenden Stammes gegen den Clan, der derzeit über die Macht verfügt?

Obama soll die CIA autorisiert haben, die nach Zwischenerfolgen wieder in die Defensive gedrängten Rebellen mit Waffen zu versorgen. Doch zu entsprechenden Lieferungen sei es bislang noch nicht gekommen, wird in Washington versichert. Auch die Nato will den Aufständischen keine Waffen schicken.

Die Limitierung des Militäreinsatzes bei gleichzeitiger Fokussierung auf verdeckte Operationen trägt dem Dilemma Rechnung, vor dem Obama steht. Er will seinen Wählern kein langfristiges Engagement auf einem dritten islamischen Kriegsschauplatz zumuten. Aber er hat, über die Zieldefinition des UN-Sicherheitsrates hinausgehend, den Sturz Gaddafis als sein persönliches Ziel definiert. Der politische Gegner hat Obama im Jahr vor der Präsidentenwahl ohnehin in eine von Sachlogik befreite Zange genommen: Einerseits kritisieren Republikaner die Beteiligung der USA an der Militäraktion, andererseits verlangen sie vom Präsidenten, Gaddafi endlich zur Strecke zu bringen.

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