Strategy for Libya: Obama Fears Setback on the Home Front

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Strategie für Libyen: Obama fürchtet Rückschlag an der Heimatfront

Erst wollte er nur kurz bomben, dann sollten die Europäer führen – doch jetzt scheint Barack Obama wieder auf ein stärkeres Engagement in Libyen zu setzen. Der US-Präsident schickt Kampfdrohnen gegen Gaddafis Truppen und Geld an die Rebellen – ein Dilemma im anlaufenden US-Wahlkampf.

Jay Carney, Sprecher von US-Präsident Barack Obama, will nach vorne schauen, Richtung Wiederwahl. Gut habe sich sein Boss bei den ersten Wahlkampfauftritten an der Westküste gefühlt, sagt Carney an Bord der Präsidentenmaschine Air Force One. Es baue Obama auf, direkt mit seinen Anhängern zu sprechen. “Das gibt ihm viel Energie.”

Doch die Reporter dämpfen die Freude über die frohe Botschaft. Wie der Präsident sich denn eigentlich über Libyen informiere, wollen sie wissen, jetzt wo das amerikanische Engagement dort wieder stärker werde. Carneys gute Laune ist verflogen, schließlich muss er nun auch über getötete Amerikaner reden. Erst am Mittwoch sind zwei US-Kriegsreporter in Misurata ums Leben gekommen.

Obama selbst könnten bald noch härtere Fragen drohen. Immerhin scheint Amerika in Libyen wieder aktiver werden zu wollen. Die Entscheidung, Kampfdrohnen vom Typ “Predator” gegen Bodentruppen von Diktator Muammar al-Gaddafi einzusetzen und 25 Millionen Dollar für logistische Unterstützung an die libyschen Rebellen zu senden, birgt große Risiken für das Team im Weißen Haus.

Obama könnte sich immer mehr in einem Konflikt verfangen, mit dem er daheim kaum punkten kann. Die Mehrheit der Amerikaner spricht sich mittlerweile gegen den Militäreinsatz aus. Ihnen ist nicht klar, welches Ziel die Mission hat.

Auch die Kritik, das US-Engagement könne unbeabsichtigte Folgen haben, wird lauter. “Wir erleben, wie eine Intervention zu paradoxen Folgen führen kann”, schreibt der Harvard-Politikprofessor Stephen Walt in seinem Blog auf der Webseite des US-Fachblatts “Foreign Policy”.

Walts These: Weil die westlichen Staaten ihre vitalen Interessen in Libyen nicht wirklich bedroht sähen, engagierten sie sich doch nur halbherzig, eben mit Luftangriffen oder Drohnenattacken aus der Ferne statt mit eigenen Truppen. Das ziehe den Einsatz in die Länge – und werde den Menschen in Libyen am Ende mehr schaden als nutzen.

Bis zu fünf Drohnen sollen eingesetzt werden

US-Verteidigungsminister Robert Gates betonte nach der Drohnen-Entscheidung, Obama habe den Einsatz von Bodentruppen nach wie vor ausdrücklich ausgeschlossen. Doch auch Luftangriffe sind vielen Amerikanern schon zu viel, sie wünschen sich ein rasches Ende der Mission. Immerhin hatte Obama seinen Bürgern ursprünglich versichert, es handele sich nur um ein kurzes Engagement.

Dieses Versprechen stellt den Präsidenten nun vor ein Dilemma, wie Verteidigungsminister Gates wohl unfreiwillig deutlich machte. Auf eine Reporterfrage, wie lange der Einsatz dauern werde, antwortete Gates: “Ehrlich gesagt weiß das wohl niemand genau.”

Zwar loben Militärstrategen, dass Drohnen Gaddafis Truppen gefährlicher werden könnten als Kampfjets. Dies gilt gerade in dicht besiedelten Gegenden, in denen der Tod von unbeteiligten Zivilisten vermieden werden soll.

“Sie haben die Möglichkeit, tiefer zu fliegen, deshalb können sie eine bessere Sicht auf bestimmte Ziele bekommen”, sagte der stellvertretende US-Generalstabschef James Cartwright. Das sei hilfreich, weil Gaddafis Kämpfer begonnen hätten, sich “zu verschanzen”. Bis zu fünf Drohnen sollen laut Medienberichten zum Einsatz kommen.

USA wollen keine Zukunft mit Gaddafi

Doch der Diktator in Tripolis ist immer noch an der Macht. Zugleich wird immer deutlicher, dass die libyschen Rebellen unkoordiniert und schlecht ausgerüstet sind. Auch die Drohnenangriffe dürften nicht reichen, um Gaddafi zu vertreiben. Da hilft es auch nicht, dass der einflussreiche Senator John McCain die Rebellen am Freitag bei seinem Besuch in der Aufständischen-Metropole Bengasi als Helden feierte.

Zwar hat Obama nie offiziell erklärt, dass eine Ablösung des Diktators das Ziel der Offensive ist. Dieser Auftrag ist ja auch im Mandat des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen nicht vorgesehen. Doch Amerika betonte stets, dass es keine Zukunft mit Gaddafi geben kann. Wenn er an der Macht bleibt, sähe auch Obamas Argument, wenigstens ein Blutbad in Libyen verhindert zu haben, plötzlich schal aus. Zumal sich die Frage stellt, wie lang die Flugverbotszone eigentlich aufrechterhalten werden soll.

Schaden könnte aber auch Obamas Konzept eines “neuen Multilateralismus” nehmen. Dieses besagt, die USA müssten eingreifen, aber dabei nicht unbedingt führen. “Unsere Führungsstärke”, argumentierte Obama, “besteht nicht einfach darin, alleine vorzupreschen und alle Lasten zu tragen. Echte Führung schafft die Voraussetzungen, damit andere ihren Beitrag leisten können.”

Die Stimmung im Land ist schlecht

Dahinter steckt die Idee, dass in einer multipolaren Welt zum Beispiel auch Franzosen oder Briten das Kommando in Libyen übernehmen können, wenn sich Amerika nicht in einen dritten Konflikt in der muslimischen Welt verstricken will.

Nun scheint Amerika doch wieder die Führung übernehmen zu müssen. Es ist die Bestätigung für alle Obama-Skeptiker, die von dessen neuem Multilateralismus und gerade auch den europäischen Verbündeten wenig halten.

McCains Besuch am Freitag ist auch als Signal in diese Richtung zu verstehen. Zumal er keinen Zweifel daran ließ, dass er sich eine stärkere US-Rolle im Konflikt wünscht – und damit Obama im Wahlkampf, der allmählich anläuft, unter Druck setzt. Eigentlich will sich der Präsident derzeit ganz auf seine Botschaft konzentrieren, neue Arbeitsplätze zu schaffen oder das gewaltige US-Haushaltsdefizit abzubauen.

Denn die Stimmung im Land ist schlecht. Laut einer neuen Umfrage ist der Pessimismus der Amerikaner über ihre Wirtschaftslage so groß wie seit Obamas Amtsantritt Anfang 2009 nicht mehr. Eher nebenbei Libyen befrieden zu müssen, würde den Präsidenten von seiner wichtigsten Aufgabe abhalten – möglichst viele Amerikaner wieder von sich zu begeistern.

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