Too Little Transparency about Abbottabad

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Der Tod von Osama bin Laden wirft viele Fragen auf. Die US-Regierung informiert darüber nicht gut genug – und schadet sich damit.

Was für eine Nachricht: Der al-Qaida-Führer war unbewaffnet, hieß es am Dienstagabend. Eine Meldung, die Sensationelles verhieß: Osama bin Laden konnte sich offenbar nicht adäquat gegen die amerikanische Eliteeinheit zur Wehr setzen, die sein Haus stürmte. Konsequenterweise muss es sich also um eine gezielte Tötung gehandelt haben.

So könnte es gewesen sein. Könnte. Denn ebenso wahrscheinlich wäre eine andere Interpretation des Geschehens in Abbottabad. Nämlich die, dass bin Laden selbst tatsächlich unbewaffnet war, seine Wachen aber nicht, und dass er in deren Gefecht mit den US-Soldaten starb.

So oder so, das alles bleibt Spekulation. Aber die Meldung markiert das eigentliche Problem: Die zögerliche Informationsweitergabe der Regierung in Washington zeitigt fatale Effekte. Weil man nicht wirklich genug weiß über das, was in Abbottabad geschah, gedeihen die Gerüchte, bilden sich Legenden. Das verwundert umso mehr, als dass anzunehmen ist, dass in der US-Administration vorab auch die Szenarien für die Zeit nach dem Zugriff in Pakistan durchgegangen worden sein müssen. Immerhin waren Fahndung und Zugriff auf bin Laden von langer Hand und minutiös geplant. So wurde beispielsweise auf der Luftwaffenbasis im afghanischen Bagram das Anwesen in Abbottabad nachgebaut, um den Einsatz zu proben.

Doch je zögerlicher neue Informationen preisgegeben werden, desto mehr kritische Fragen werden gestellt. So wie es beispielsweise UN-Menschenrechtskommissarin Navanethem Pillay in ihrer Anfrage an die US-Regierung getan hat: “Es handelte sich um eine sehr schwierige Operation, und es wäre hilfreich, wenn wir die genauen Fakten der Umstände seiner Tötung kennen würden.”

Sie offenzulegen, sollte Amerika eigentlich leicht fallen. Denn die Vereinigten Staaten haben die Sympathie vom Gros der Öffentlichkeit auf ihrer Seite. Kaum ein vernünftig denkender Mensch bedauert den Tod von bin Laden.

Präsident Obama sollte den aufkommenden Gerüchten entgegentreten, indem er dafür sorgt, dass alle relevanten Informationen zu Abbottabad veröffentlicht werden, so weit, wie es eben möglich ist. Solch ein Bericht würde wohl nicht ohne Widersprüche sein, einzelne Soldaten können zu ein und derselben Sache durchaus verschiedene Angaben machen. Schließlich stehen sie in einem Einsatz wie diesem unter hohem Stress, es geht am Ende darum, nicht getötet zu werden und notfalls selbst zu töten.

Doch selbst wenn am Ende möglicherweise herauskommen sollte, dass von Seiten der Soldaten nicht alles versucht wurde, bin Laden lebendig zu fangen: Den Einsatz transparent gemacht zu haben wird der Regierung dauerhaft mehr nutzen als wenn der Eindruck von Verdruckstheit und Vertuschung zurückbleibt.

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