USA und China spielen trotz gemeinsamer Interessen mit härterem Körpereinsatz.
In den 1970er-Jahren hieß die unerwartete Annäherung zwischen den USA und China “Pingpong-Diplomatie” , weil die Tischtennis-Nationalmannschaften beider Länder einen Pfad für politische Begegnungen zwischen der Nixon-Regierung und Maos China geöffnet hatten. Im Sommer 2009 lud Präsident Barack Obama beim ersten strategischen Dialog zwischen Washington und Peking zwei chinesische Emissäre ins Oval Office ein und schenkte ihnen einen von ihm persönlich signierten Basketball.
Dazwischen liegen beinahe 40 Jahre gemeinsamer Beziehungen. Und die neuerdings geänderte Ballsymbolik gibt einen hübschen Interpretationsrahmen für die gegenwärtige Qualität der Zusammenarbeit ab: Statt eines trennenden Netzes und des eleganten Spiels mit einem kleinen Ball gibt es heute viel mehr politischen Körpereinsatz auf dem Spielfeld. Wer Punkte machen will, der muss mitunter etwas gröber zur Sache kommen. Das hat sich auch beim nun dritten strategischen Dialog zwischen Peking und Washington gezeigt.
Auf wirtschaftlicher Ebene gab es zweifellos Positives zu vermelden. Die Chinesen haben zugesagt – wie von Präsident Hu Jintao bei dessen Staatsbesuch vergangenen Jänner in Washington versprochen -, ihren Markt tatsächlich für US-Finanzunternehmen zu öffnen und auch ausländische Firmen bei Ausschreibungen in China zum Zug kommen zu lassen. Auch der Wert des Yuan, das ewige Streitthema zwischen beiden Ländern, hat im vergangenen Jahr um gut fünf Prozent zugelegt. Das ist immer noch zu wenig für US-Unternehmen, um im Wettbewerb mit chinesischen Konkurrenten bestehen zu können, aber immerhin ein Achtungserfolg.
Deutliche Differenzen dagegen bestehen weiterhin in Politik und Militärfragen. Die von den Amerikanern angesprochenen Menschenrechte sind ein Problemfeld. Ein anderes sind die rasante Aufrüstung Pekings und das Expansionsstreben der kommenden Supermacht etwa im Südchinesischen Meer, wo es um umstrittene Gebietsansprüche und vor allem große Gasvorkommen geht.
Die Frage nach dem Gipfel ist, wie effizient Hillary Clintons politisches Powerplay in der Menschenrechtsfrage tatsächlich war. Wer in Peking in Streitfragen etwas erreichen will, der versucht dies üblicherweise leise und hinter verschlossenen Türen. So aber mag die Schelte der US-Außenministerin ein Erfolg vor eigenem Publikum gewesen sein – inhaftierten Regimekritikern wie dem Künstler Ai Weiwei wird sie aber wenig helfen.
Die chinesische Führung hat im Laufe der Jahre eine große Meisterschaft darin entwickelt, Vorwürfe aus dem Ausland ungerührt abperlen zu lassen. So ist es auch diesmal -allerdings mit der Einschränkung, dass sie sich vorerst nicht auf eine große, über Staatsmedien ausgetragene Auseinandersetzung einlassen will.
Das mag auch mit jener Einsicht zu tun haben, die Henry Kissinger, einer der Großmeister der Pingpong-Diplomatie, unlängst so beschrieb: “Von der Art und Weise, wie Amerika und China ihre Beziehungen gestalten, hängen viele weitere Themen ab. Ich habe den Eindruck, dass beide Seiten derzeit keine Konfrontation wünschen, sondern auf Kooperation setzen wollen.”
In eine Basketball-Metapher übersetzt heißt das wohl: Für die zwei größten Spieler am Platz ist es auch bei Unstimmigkeiten vorteilhafter, sich gegenseitig Bälle zuzuwerfen, als auch Kleinere ins Spiel kommen zu lassen.
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