More Realpolitik Than Vision

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Posted on May 20, 2011.

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Obama und der Arabische Frühling

Mehr Realpolitik als Vision

von Frank Herrmann

19. Mai 2011

In der praktischen Politik entscheidet der US-Präsident von Fall zu Fall, pragmatisch und durchaus widersprüchlich

Die Grundsatzrede Barack Obamas war der Versuch, die demokratischen Blütenträume des “Arabischen Frühlings” mit etwas zu begleiten, was aussieht wie eine Strategie.

Im Wandel liegen Chancen, liegt Hoffnung, ruft Obama der skeptischen Status-quo-Fraktion zu, dem saudischen Königshaus ebenso wie dem israelischen Premier Benjamin Netanjahu, der mit Hosni Mubarak einen verlässlichen Verbündeten verlor und nun den Aufstieg der Muslimbrüder fürchtet. Damit ordnet er Amerika dort ein, wo es aufgrund seiner Geschichte zu stehen hat: auf der Seite von Menschen, die alles riskieren für ihre Rechte.

Doch eine kühne Vision zu entwerfen, gar einen neuen Marshallplan, das konnte nur eine “Mission Impossible” sein. In der praktischen Politik entscheidet der US-Präsident von Fall zu Fall, pragmatisch und durchaus widersprüchlich. Saudische Truppen konnten die Freiheitsbewegung Bahrains abwürgen, ohne dass Washington viele kritische Worte darüber verlor. Den Libyer Gaddafi forderte Obama zum Rücktritt auf, den Syrer Assad ließ er lange gewähren.

Es ist kein Zickzackkurs, sondern nüchterne Realpolitik, bestimmt von handfesten Interessen und der Erkenntnis, dass Amerika die Rolle des Weltpolizisten weder spielen kann noch sollte. Immerhin hat der Meisterredner versucht, die Kakofonie ein wenig zu ordnen. Wirklich beeinflussen können die USA nicht, was im Nahen Osten geschieht. (Frank Herrmann, STANDARD-Printausgabe, 20.5.2011)

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