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In den Grenzen von 1967

Von Philipp Schläger

21.05.2011

Grundsatzrede Obamas zu Entwicklungen im arabischen Raum. Vorschlag zur Lösung des Palästina-Konflikts wird von Israel umgehend zurückgewiesen

In einer Grundsatzrede zum »Arabischen Frühling« hat der US-Präsident die Demokratiebewegungen im Nahen Osten und in Nordafrika gewürdigt. »Die Menschen der Region haben in sechs Monaten mehr Wandel erreicht als Terroristen in Jahrzehnten«, sagte Barack Obama am Donnerstag im Außenministerium in Washington D.C. Die Umwälzungen in Ländern wie Tunesien und Ägypten böten eine »historische Gelegenheit«. Er verglich die Entwicklungen in den arabischen Ländern mit der US-amerikanischen Revolution und der Bürgerrechtsbewegung der USA und erinnerte an seine Rede an die muslimische Welt in Kairo vor zwei Jahren. Nach dem Abzug von 100000 Soldaten aus dem Irak und der Tötung des Al-Qaida-Führers Osama bin Laden werde die USA gegenüber den muslimischen Ländern auf der Basis von »gegenseitigem Respekt und gegenseitigen Interessen« agieren, auch wenn das »kurzfristigen Interessen« der USA zuwiderlaufe. Universelle Menschenrechte seien keine Nebensache sondern zentrales Anliegen der Vereinigten Staaten. Neben politischen Reformen seien »Investitionen und ein offener Markt« wichtige Grundlagen für die Entwicklung des Nahen Ostens und Nordafrikas, erklärte Obama. Um zudem die wirtschaftliche Entwicklung in Tunesien und Ägypten anzukurbeln, sollten die Weltbank und der Internationale Währungsfonds zum G-8-Gipfel in der kommenden Woche einen Plan erarbeiten. Beide Länder könnten als zentrale Beispiele für den Wandel fungieren, so der US-Präsident. Allein Ägypten werde daher einen Schuldenerlaß von einer Milliarde Dollar und eine Kreditgarantie in gleicher Höhe erhalten.

Die Unterstützung müsse jedoch auch jenen Ländern gelten, in denen sich der Wandel noch nicht vollzogen habe, so Obama. Während er im Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg in Libyen von angeblich »drohenden Massakern« der Armee sprach, die ein Eingreifen gerechtfertigt hätten, beschrieb der US-Präsident das Vorgehen der Sicherheitskräfte in Syrien, wo bereits mehr als tausend Menschen ums Leben gekommen sein sollen, als »Weg des Mordes und der Massenverhaftungen«. Der syrische Präsident Baschar Assad habe die Wahl: »Er kann den Übergang (zur Demokratie, d. Red.) anführen oder abtreten.« Nur vorsichtige Kritik übte Obama an seinen Verbündeten Jemen und Bahrain. Wenn ein Teil der Demokratiebewegung im Gefängnis sitze, könne man nicht mit ihr verhandeln, sagte Obama mit Bezug auf Bahrain. Die brutale Niederschlagung der Bewegung erfolgte dort mit Unterstützung des Nachbarlandes Saudi-Arabien. Dieser Verbündete Washing­tons fand in der Rede Obamas überhaupt keine Erwähnung. Selbst als er auf die Rechte von Frauen einging, bezog sich der US-Präsident nicht auf Saudi-Arabien, das eines der repressivsten Länder im Nahen Osten ist.

Einen weiteren Teil der Rede widmete Obama dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Er wiederholte Forderungen des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush nach Verhandlungen, die zu einer Zwei-Staaten-Lösung führen sollten. Allerdings fügte Obama ausdrücklich ein weiteres Detail hinzu: Die Grenzen eines zukünftigen palästinensischen Staates sollten entlang der Grenze von 1967 vor Ausbruch des Sechstagekrieges gezogen werden. Obwohl das lange Zeit die Politik der USA war, hatte bislang kein Präsident vor Obama die Jahreszahl »1967« ausdrücklich genannt. Das Büro von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der am Donnerstag zu einem mehrtägigen Besuch nach Washington aufbrach, wies diese Position umgehend zurück. Unter Verweis auf ein Schreiben von Expräsident George W. Bush, in dem die damalige US-Regierung einen Rückzug auf die Grenzen von 1967 als »unrealistisch« bezeichnet hatte, ließ Netanjahu verkünden, daß eine solche Grenze »nicht zu verteidigen« sei. Einen Gebietsaustausch, wie ihn Obama in seiner Rede angesprochen hatte, wurde in dieser ersten Stellungnahme aus Israel ebenfalls abgelehnt. Auch in den arabischen Ländern löste die Rede keine Begeisterung aus. In ersten Medienkommentaren war von »alter Rhetorik« und »recycelten Ideen« die Rede.

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