In the Interests of Israel

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Kritik an Barack Obamas Rede kommt nicht nur aus Israel

Nein, US-Präsident Barack Obama hat nicht, wie man angesichts der Aufregung meinen könnte, gesagt, Israel soll sich an die Waffenstillstandslinie von 1949, bis 1967 die De-facto-Grenzen Israels, zurückziehen. Er hat das gesagt, was jeder weiß und will, der an eine Zweistaatenlösung glaubt, nämlich, dass die “Grenzen von Israel und Palästina auf den 1967er-Linien basieren sollten, mit beiderseitig vereinbartem Landtausch …”. Und Jerusalem hat Obama sogar ausdrücklich ausgenommen, mit dem Verweis darauf, dass dies eine später zu lösende Frage sei, wie auch die palästinensische Flüchtlingsproblematik.

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Was nicht heißen soll, dass die Obama-Rede nicht einen anderen Akzent setzt als der berühmte Brief von US-Präsident George W. Bush an den damaligen Premier Ariel Sharon: Die palästinensischen Flüchtlinge müssten in einem palästinensischen Staat und nicht in Israel angesiedelt werden, dekretierte Bush – womit er recht hatte, aber ein Verhandlungsresultat vorwegnahm. Und es sei angesichts der “neuen Realitäten auf dem Boden” – also der großen israelischen Siedlungsblöcke – “unrealistisch” von Israel zu erwarten, dass es an die 1949er-Linie zurückkehre. Dieser Brief aus dem April 2004 wurde später vom US-Kongress unterstützt: Israel, aber auch viele Amerikaner sehen ihn deshalb als verbindliche Richtlinie für eine US-Politik an.

Nüchtern muss man dazu feststellen, dass natürlich weder der US-Präsident noch US-Volksvertreter das Recht haben, Land in einem anderen Erdteil zu vergeben oder wegzunehmen, weder zugunsten noch zuungunsten Israels. Für Obama selbst könnte es jedoch innenpolitisch ein Problem werden: Nicht nur aus Israel kommende Gewitter entladen sich nun über sein Haupt.

Warum tut er dann so etwas, noch dazu, wo er einen genauen Plan, wie es weitergehen soll, ohnehin schuldig bleibt? Viele EU-Länder hatten sich erhofft, dass Obama die Parameter einer neuen Roadmap darlegt, als einzigen Weg, die Palästinenser davon abzuhalten, im September in der Uno-Generalversammlung eine Anerkennung ihres Staates (in den 1967er-Grenzen) durchzudrücken. Obama hat diesen Schritt nicht getan, eher nur ein taktisches Schrittchen. Er versuchte es auszubalancieren, indem er die Palästinenser für den Versuch “Israel in der Uno zu isolieren” tadelte, seinerseits durch das Festhalten eines “nichtmilitarisierten” Palästinenserstaates ein Verhandlungsergebnis vorwegnahm und rhetorisch über den Hamas-Fatah-Deal die Augenbrauen runzelte, Letzteres für Israel viel zu wenig.

“Premier Netanjahu erwartet, von Präsident Obama eine Wiederbestätigung der Israel 2004 gemachten US-Zusagen zu hören”, hieß es in einem schneidenden Statement aus Jerusalem am Freitag. Interessanter Ton. Gewiss hat Obama nach dem Geschmack Netanjahus nicht das Richtige gesagt, aber er hat es auch gesagt, um die Interessen Israels zu schützen und die Palästinenser wieder “einzufangen”. Vielleicht sollte er die Dinge ja einfach laufen lassen. (Gudrun Harrer, STANDARD-Printausgabe, 21./22.5.2011)

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