“Go Home, Feltman!”

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»Go home, Feltman«

Von Karin Leukefeld

31.05.2011

Diplomatischer Druck, Drohungen, Sabotage, Krieg: Washingtons Umsturzexperte tourt durch den Nahen Osten – und ist dort alles andere als willkommen

Besser, Sie distanzieren sich von Präsident Assad, die Zeit arbeitet gegen ihn« – das soll US-Staatssekretär Jeffrey D. Feltman Medienberichten zufolge seinen politischen Gesprächspartnern in der libanesischen Hauptstadt Beirut gesagt haben, wo er sich kürzlich bei seinem Streifzug durch die Region aufhielt. Feltman, der im US-Außenministerium für den Nahen Osten zuständig ist, ist in Beirut gut bekannt. Der ehemalige US-Botschafter im Libanon verhindert seit Monaten durch Druck auf Ministerpräsident Nadschib Mikati die Bildung einer neuen Regierung. Mikati riskiere Sanktionen gegen das Land und gegen sein privates Vermögen, sollte er eine Regierung bilden, die nicht nur die US-Politik in der Region kritisch sehen, sondern auch das UN-Sondertribunal zur Aufklärung des Mordes an Rafik Hariri in Frage stellen könnte, berichten libanesische Zeitungen. Nun also eine weitere Warnung. Libanon werde »isoliert wie Syrien«, sollte das Land Präsident Assad unterstützen, so Feltman, der Syrien als das »potentielle Nordkorea im Mittleren Osten« bezeichnete.

Westlichen Diplomaten zufolge übt Feltman auch Druck auf die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait aus, sich von Syrien fernzuhalten. Die US-Regierung verfügt über ein großes Arsenal an entsprechenden Mitteln, die ihre Diplomaten und Geheimdienstler je nach Situation einsetzen. Von politischer oder wirtschaftlicher Erpressung, über Unterstützung von Regierungsgegnern, Sanktionen, UN-Sicherheitsratsresolutionen bis hin zu verdeckter Sabotage und völkerrechtswidrigen Angriffskriegen. Als selbsternannter »Weltpolizist« kennt man in Washington keine Skrupel.

Jeffrey D. Feltman (Jg. 1959) hat eine steile Karriere hinter sich. Den Posten als Staatssekretär für den Nahen Osten im US-Außenministerium übernahm er 2008. Davor war er vier Jahre lang US-Botschafter im Libanon, davor leitete er von 2003 bis 2004 das Büro der Provisorischen Koali­tionsbehörde (CPA) in Erbil, im nord­irakischen Kurdengebiet. Die CPA bescherte dem Land nach dem Sturz von Saddam Hussein 2003, neben der religiösen Spaltung und bürgerkriegsähnlichen Zuständen, eine gigantische Korruption. Von 2001 bis 2003 war Feltman an der US-Botschaft in Israel, dessen zionistischer Führungselite er seit seiner ersten Mission in Tel Aviv (1995–1998) stets als treuer Freund zur Seite stand. Feltman sammelte Erfahrungen in Haiti, wo er von 1986 bis 1988 US-Vizekonsul war. Er war in Tunesien und Osteuropa. Die dortigen »bunten Revolutionen«, die bekanntlich von US-finanzierten »Nichtregierungsorganisationen« und PR-Firmen beraten worden waren, empfiehlt heute nicht nur Feltman den arabischen Ländern als Beispiel für einen gelungenen Demokratisierungsprozeß.

Ein besonders enger Freund von Jeffrey D. Feltman ist der frühere saudische Botschafter in den USA, Bandar bin Sultan. Wikileaks veröffentlichte diplomatische US-Notizen, wonach Feltman und Bandar einen Plan ausheckten, mit dem die Widerspenstigen unter den Arabern entweder eingekauft oder gestürzt werden sollten. Ziel ist ein »Neuer/Größerer Mittlerer Osten«, in dem ethnische und religiöse Gruppen gegen nationale arabische Politik gestärkt werden sollen. Der Plan stammt aus den Denkfabriken diverser Geheimdienste in den USA und Saudi-Arabien und wurde 2006 von der damaligen US-Außenministerin Condoleezza Rice öffentlich gemacht. Den Krieg Israels gegen den Libanon bezeichnete sie als unvermeidbare »Geburtswehen« eines »Neuen Mittleren Ostens«, die Lage im Irak als »kreatives Chaos«.

Als Feltman am 25. Januar 2011, wenige Tage nach dem Abgang von Ben Ali, in Tunis einflog, protestierten wütende Demonstranten mit Parolen wie »Go home, Feltman«, »USA, laßt uns unsere Freiheit« und »Halt dich fern von Tunesien, Jeffrey D. Feltman«. Per Facebook wurde »Gegen die Einmischung von Feltman in die tunesische Revolution« gewettert: »Wir wollen euer kreatives Chaos nicht, wir sind nicht der Irak!!! Und wir haben kein Öl, was, verdammt noch mal, wollt ihr hier«. In einer anderen Stellungnahme hieß es: »Wir haben das hier ohne eure Hilfe geschafft (…) wir wollen unsere Demokratie, nicht eure Demokratie. Wir haben die Demokratie gesehen, die ihr dem Irak gebracht habt …. das wollen wir hier nicht.«

Seit Monaten zieht Feltman durch die Region und lotet aus, wie die USA ihre verlorenen Kontakte neu knüpfen und zuverlässige Verbündete ausmachten können. Er trifft sich mit Medienvertretern, Politikern, Diplomaten und Aktivisten, wirbt um Vertrauen, bietet Unterstützung beim Aus- und Aufbau »sozialer Medien und Netzwerke«, Hilfe bei Neuwahlen durch US-amerikanische Nichtregierungsorganisationen, Bildung und Ausbildung potentieller Entscheidungsträger an. Militärs, Polizisten, Richter, Anwälte, alle sollen die westliche Demokratieschule durchlaufen, die EU hilft mit.

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