The “AfPak” Disaster

Edited by Hoishan Chan

 

 

 

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»Afpak«-Desaster

Von Werner Pirker

24.06.2011

Barack Obama schmiedet Abzugspläne

An wohlklingenden Phrasen fehlte es auch diesmal nicht in Barack Obamas Rede, in der er die Reduzierung des US-amerikanischen Truppenkontingents in Afghanistan ankündigte. »Heute abend finden wir Trost in der Gewißheit, daß die Flut des Krieges verebbt«, sagte er in dem ihm eigenen Predigerstil. In rhetorischer Abgrenzung zur Bush-Regierung meinte er: »Amerika, es ist an der Zeit, sich der Staatenbildung hier zu Hause zu widmen.« »State building« oder auch »Nation building«, das heißt die Schaffung US-höriger Staaten, war die tragende Idee des Neocon-»Projekts für ein neues amerikanisches Jahrhundert«. Dem hält Obama entgegen, daß Amerika erst einmal seine Hausaufgaben erledigen müssen. Als Sozialstaat nämlich sind die USA ein äußerst unterentwickeltes Gebilde.

Die Vereinigten Staaten können sich die Kriege schlicht nicht mehr leisten, gab Mister President zu bedenken: »Während des letzten Jahrzehnts haben wir eine Billion Dollar für den Krieg ausgegeben, in einer Zeit wachsender Verschuldung und ökonomischer Schwierigkeiten.« Damit reagiert Obama auf die Stimmung in der Bevölkerung, die von einer wachsenden Kriegsmüdigkeit geprägt ist. Dies versuchen neuerdings auch die Republikaner, ansonsten Bannerträger eines kriegerischen Chauvinismus, gegen die Obama-Administration ins Feld zu führen.

Doch auch die linke Anhängerschaft des Präsidenten läßt sich von dessen klugen Reden kaum noch beeindrucken. Denn daß die Flut des Krieges verebbt, ist keineswegs eine ausgemachte Sache. Bis zum Jahresende sollen 10000 US-Soldaten heimkommen, weitere 23000 bis zum Sommer 2012 folgen. Blieben immer noch 68000 Soldaten, das sind mehr als zu Obamas Amtsantritt. In Libyen hat sich das von den USA geführte Kriegsbündnis in ein weiteres militärisches Abenteuer eingelassen. Denn auch wenn die in der Bush-Ära geprägten Begriffe nicht mehr verwendet werden: In der Sache ist nach wie vor State building angesagt, wo immer es der kriegerischen Wertegemeinschaft beliebt. Der erste nichtweiße Präsident der USA ist angetreten, die weiße Vorherrschaft über die Welt zu wahren, nicht sie zu beenden.

Obamas Vorgänger Bush hat die Hindukusch-Expedition nicht gestartet, um Osama bin Laden zu liquidieren, sondern um in einer strategisch sensiblen Region stärker Fuß zu fassen und mittels Afghanistan die Kontrolle über Pakistan zu verstärken. Zehn Jahre nach dem Sturz des Taliban-Regimes stellt sich die Situation für die Interventionsmächte heute ungüstiger als zu Kriegsbeginn dar. Die Taliban, als sektiererische Ungeheuer davongejagt, sind als nationale Befreiungskraft zurückgekehrt. Und die Enfremdung Pakistans vom Westen ist so groß wie nie zuvor. Das Unternehmen »Afpak« erwies sich als grandioser Fehlschlag. Barack Obama versucht zu retten, was zu retten ist. Mit seinen Abzugsplänen wirbt er um die Wählergunst. Ob er sich aber gegen die Kriegslobby durchzusetzen vermag, ist zu bezweifeln.

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