Obama Caves In

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Obama knickt ein

Von Philipp Schläger

09.07.2011

Große Zugeständnisse des US-Präsidenten bei Verhandlungen um Erhöhung der Schuldengrenze

Steuersenkungen für Reiche, tiefe Einschnitte im Haushalt 2011 und nun die Schuldenobergrenze. US-Präsident Barack Obama ist offenbar erneut zu großen Zugeständnissen an die Republikaner im Kongreß bereit, darunter auch zu Einsparungen bei den größten Sozialprogrammen.

Schon seit Mitte Mai haben die Vereinigten Staaten die Schuldenobergrenze von 14,29 Billionen Dollar erreicht. Durch das Umdisponieren verschiedener Haushaltsmittel kann die US-Regierung nach Angaben von Finanzminister Timothy Geithner ihre Schulden und Ausgaben nur noch bis zum 2. August begleichen. Was danach passiert, ist ungewiß. Zahlreiche Experten warnen vor verheerenden Folgen bis zur Herabstufung der Kreditwürdigkeit des Landes, sollten die USA etwa bei der Begleichung ihrer Schulden in Verzug geraten. Hunderttausende Regierungsangestellte würden ohne Gehalt nach Hause geschickt. Um dies zu verhindern und im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses die Schuldengrenze anzuheben, müßte der Kongreß noch im Juli zu einer Einigung kommen.

Dennoch haben sich die Konservativen bislang nicht zu Zugeständnissen bereit erklärt und die Anhebung der Schuldenobergrenze an Haushaltskürzungen insbesondere bei Sozialprogrammen gekoppelt. Jede Art von Steuererhöhungen für Unternehmen und Wohlhabende schließen sie kategorisch aus.

Nach einem Treffen mit führenden Politikern beider Parteien im Weißen Haus sprach Obama von einer »sehr konstruktiven« Zusammenkunft. Jeder erkenne an, daß es »für alle Seiten politisch schmerzhaft werden wird«. Das gilt offenbar vor allem für den linken Flügel der Demokraten, da deren Parteiführung inzwischen signalisiert, daß sie einem extrem ungleichen Kompromiß zustimmen könnte. Dieser bestünde zu 85 Prozent aus den von Republikanern geforderten Haushaltskürzungen sowie zu 15 Prozent aus der von den Demokraten geforderten Streichung von Steuergeschenken für Konzerne sowie Steuererhöhungen für Wohlhabende.

Das Einknicken Obamas birgt große Risiken für seine Partei. Noch im Frühling punkteten die Demokraten mit Angriffen gegen den von den Republikanern im Kongreß verabschiedeten Plan ihres Parteikollegen und Vorsitzenden des Haushaltsausschusses im Repräsentantenhaus, Paul Ryan. Demnach soll der US-Haushalt durch großzügige Steuersenkungen für Reiche bei gleichzeitiger Privatisierung von allgemein beliebten Sozialprogrammen saniert werden. Zahlreiche konservative Politiker erlebten daraufhin bei sogenannten Town-Hall-Meetings eine heftige Protestwelle.

Selbst traditionell konservative Wahlbezirke schienen den Demokraten wieder offen zu stehen. Für sie schien dieses Thema deshalb der Schlüssel zur Wiedereroberung der Mehrheit im Kongreß 2012 zu sein. Die Minderheitsführerin der Demokraten im Repräsentantenhaus, Nancy Pelosi, erklärte entsprechend noch am Donnerstag, die »drei wichtigsten Themen« ihrer Partei seien »Medicare, Medicare und Medicare«, die öffentliche Krankenversicherung in den USA. Auch Kürzungen in der staatlichen Krankenversicherung für Senioren sowie für Arme (Medicaid) und bei der Sozialversicherung seien mit den Demokraten ihrer Kammer nicht zu machen. Daß Präsident Obama nun genau den entgegengesetzten Weg beschreitet und sich damit weiter rechts positioniert, enttäuscht viele progressive Demokraten. Nicht nur eine politische Waffe wäre verloren, sondern auch wichtige demokratische Errungenschaften in Gefahr, die bis auf Präsident Franklin D. Roosevelt (1882–1945) zurückgehen.

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