Bachmann und die “Botschaft Gottes”
Von Frank Herrmann
30 August 2011
Im Eifer, US-Präsident Barack Obama eine zweite Amtszeit zu verwehren, tritt so mancher Republikaner traumwandlerisch sicher ins Fettnäpfchen
Hinweise aus dem Jenseits, Vorwürfe des Hochverrats, historische Lügen – im Eifer, US-Präsident Barack Obama eine zweite Amtszeit zu verwehren, tritt so mancher Republikaner traumwandlerisch sicher ins Fettnäpfchen.
Michele Bachmann muss sich in Schadensbegrenzung üben. Wenn man so will, ist auch sie dem Hurrikan Irene zum Opfer gefallen. Dabei hatte es eine launige Bemerkung sein sollen, schnell eingeflochten in das Lamento über bedrohliche Budgetdefizite – behauptet jedenfalls die angriffslustige Republikanerin, die 2012 ins Weiße Haus einziehen möchte und nicht zum ersten Mal ins verbale Fettnäpfchen tritt.
“Ich weiß nicht, was Gott noch tun muss, damit ihm die Politiker ihre Aufmerksamkeit schenken” , lästerte Bachmann in Florida vor vorwiegend älterem Publikum. “Wir hatten ein Erdbeben, wir hatten einen Wirbelsturm. Gott sagte: ‚Hört ihr mir jetzt endlich zu?‘” Der Allmächtige, so die Abgeordnete aus Minnesota, habe eine Botschaft nach Washington senden wollen. Denn statt sich endlich auf eine Schlankheitskur zu besinnen, setze der Staat immer mehr Fett an.
Stilblüten gehören zu US-Wahlkämpfen wie der sternengeschmückte Zylinder zu Uncle Sam. Ausrutscher sind keineswegs nur eine Spezialität der Republikaner. Doch die Polemik des aktuellen Bewerberfelds der Konservativen lässt sogar Karl Rove Alarm schlagen, jenen texanischen Strategen, der 2004 die religiöse Rechte mobilisierte, um George W. Bush eine zweite Amtszeit zu sichern. Die Grand Old Party laufe Gefahr, einen “extremen” Kandidaten zu küren, dass sie nächstes Jahr das Duell gegen Barack Obama verliere, orakelte er.
Erst vor wenigen Tagen hatte Rick Perry, der spät ins Rennen gegangene Gouverneur von Texas, die Notenbank Federal Reserve attackiert, weit unter der Gürtellinie: Was deren Chef Ben Bernanke vorhabe, immer mehr Geld zu drucken, um im Wahljahr politische Spielchen zu spielen, das grenze an Hochverrat.
Ron Paul, ein Libertärer, der den Staatsapparat kräftig zurechtstutzen möchte, aber auf persönliche Attacken weitgehend verzichtet, hält die Katastrophenschutzbehörde Fema für überflüssig. Freie Bürger seien allemal in der Lage, sich oder ihren Nachbarn in Notlagen selber zu helfen, predigt der ehemalige Kinderarzt.
Und Michele Bachmann, so populär sie auch ist, muss noch immer den Spott irritierter Geschichtslehrer ertragen. Die Gründerväter der Republik, verkündete sie im Juli, hätten unermüdlich auf ein Ende der Sklaverei hingearbeitet. In Wahrheit hielten George Washington und Thomas Jefferson selber Sklaven.
Für Furore sorgte schließlich der Streit um neue Hurrikan-Forschungssatelliten. Das entsprechende Budget soll um 1,2 Milliarden Dollar gekürzt werden, was bedeutet, auf die nächste Satellitengeneration zu verzichten. “Unverantwortlich”, protestiert Jane Lubchenco, die Direktorin der zuständigen NOAA-Agentur. Diese Satelliten seien von höchster Bedeutung, um Leben und Eigentum zu schützen. (Frank Herrmann aus Washington/DER STANDARD, Printausgabe, 31.8.2011)
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