Eskalation
von Olaf Standke
01.10.2011
Als gäbe es den Streit mit Islamabad nicht, hat eine US-amerikanische Drohne im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet gestern erneut vier mutmaßliche Aufständische getötet. Washington hat die Angriffe mit unbemannten bewaffneten Flugkörpern gegen Angehörige von Al Qaida, der Taliban oder des pakistanischen Hakkani-Netzwerkes in den vergangenen Monaten massiv verstärkt, was maßgeblich zur weiteren Verschlechterung der ohnehin fragilen bilateralen Beziehungen beigetragen hat.
Nicht nur, dass die USA eine Aufnahme der islamistischen Hakkani-Gruppe mit ihren angeblich 15 000 Kämpfern auf die Liste der Terrororganisationen erwägen und jetzt einen der Kommandeure mit finanziellen Sanktionen belegt haben. Generalstabschef Mike Mullen beschuldigte den pakistanischen Militärgeheimdienst ISI in aller Öffentlichkeit, mit den Terroristen zu kooperieren und sie bei dem Anschlag Mitte September auf die USA-Botschaft und das Hauptquartier der Internationalen Schutztruppe ISAF mitten im Kabuler Diplomatenviertel sogar handfest unterstützt zu haben. Das war eine neue verbale Eskalationsstufe in dem ohnehin von tiefem Misstrauen geprägten Verhältnis zu einem doch so wichtigen Partner im Anti-Terrorkrieg.
Das Dementi aus Islamabad kam umgehend – samt der Drohung, bei weiterem Druck aus Washington die nationalen Interessen »um jeden Preis« verteidigen zu wollen. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit gab es inzwischen ein Dringlichkeitstreffen von Regierung und Opposition. Was immer dort hinter verschlossenen Türen beraten wurde, in pakistanischen Medien spekuliert man längst schon ganz offen über die Möglichkeit einer regelrechten US-amerikanischen Invasion.
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