Perry's Dirty Little Secret

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Perrys schmutziges kleines Geheimnis

Von Reiner Oschmann

29.09.2011

Konservativer Präsidentschaftsbewerber preist US-Bundesstaat Texas als Konzernoase

Mit seiner Bewerbung um die republikanische Präsidentschaftskandidatur hat Gouverneur Rick Perry (61) Texas, das für über ein Drittel der letzten 48 Jahre den USA-Präsidenten stellte, ins Rampenlicht kritischer Aufmerksamkeit gerückt. Umso mehr, als der frühere Air-Force-Pilot, der gern das erzkonservative Raubein und damit den handfesten Texaner gibt, seine Heimat als Musterland unter den 50 Bundesstaaten präsentiert.

In der gegenwärtigen schweren Wirtschafts- und Finanzkrise der USA, sagt Rick Perry, gehöre Texas zu den wenigen Leuchttürmen. Fast 40 Prozent aller neuen Arbeitsplätze in den USA seit Juni 2009 seien in Texas entstanden. Dutzende Unternehmen aus der »Fortune«-Liste der 500 führenden Konzerne hätten ihr Hauptquartier zwischen Austin und Houston, Dallas und Amarillo gewählt, und sein Bundesstaat erfreue sich der unternehmensfreundlichsten Regeln samt Einkommensteuerfreiheit.

Mit solchen Verweisen sucht Perry, Gouverneur seit elf Jahren, eine Art gesegneter Alleinstellung von Texas herauszustreichen und seine vorläufige Spitzenposition im derzeit neunköpfigen Feld republikanischer Präsidentschaftsanwärter zu festigen.

Doch Perrys Eigenwerbung führt selbst in dieser frühen Wahlkampfphase zu einem zweiten Kritikerblick auf das gelobte Land an der Südwestgrenze der USA. Was er zutage fördert, kann weder übersehen werden noch sich sehen lassen. So hat Texas die schärfsten gewerkschaftsfeindlichen Gesetze in den USA. Und dass im Bundesstaat noch verbreiteter als anderswo Hungerlöhne gezahlt werden, von denen viele nicht leben können, gehört zu den kleinen, schmutzigen Geheimnissen von Texas. Harold Cook, Stratege der Demokratischen Partei, sagte im Hinblick auf die Kandidatur des Gouverneurs, der texanische Landeshaushalt in Perrys Zeit sei »auf dem Rücken von Kranken, Alten und Kindern sowie durch Kürzung der Ausgaben für Bildung, Gesundheit und Umwelt ausgeglichen worden«.

Tatsächlich gehört zur Wirklichkeit des riesigen Bundesstaates, dass mehr als ein Viertel aller 25 Millionen Texaner keine Krankenversicherung besitzt. Mit über einer Million Arbeitsloser (8 Prozent) liegt die Erwerbslosenquote nur leicht unter dem bundesweiten Durchschnitt von zuletzt 9,1 Prozent, und trotz seiner glitzernden, vom Erdöl profitierenden Großstädte wie Houston, San Antonio und Dallas weist der Bundesstaat zusammen mit Mississippi den höchsten Prozentsatz an Lohnarbeitern auf, die lediglich den amtlichen Mindestlohn von 7,25 Dollar oder weniger beziehen.

Zur Verringerung des Haushaltslochs beschloss Perry Kürzungen im Bildungsbereich um vier Milliarden Dollar, wodurch mehrere Programme verschwinden werden, die den am meisten Benachteiligten in Texas helfen sollen. Wie der Amerika-Korrespondent des britischen »Guardian« schrieb, stehe Perry für eine Wirtschaft, »deren wachsende Ungleichheit einigen Ökonomien in der Dritten Welt ähnelt und nicht dem Amerika des 21. Jahrhunderts«. Man könnte auch sagen: Dass die USA streckenweise das Bild eines Entwicklungslandes abgeben, ist gerade kennzeichnend für das begonnene 21. Jahrhundert.

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