China, Amerika und Taiwan
Waffen und Wahlkampf
Erwartungsgemäß hat Peking gegen die jüngste Entscheidung aus Washington protestiert, Taiwan Waffen im Wert von 5,85 Milliarden Dollar zu verkaufen. Dabei hat Taiwan weniger bekommen, als es erhofft hat.
Von Petra Kolonko, Tokio
Amerikanische Waffenlieferungen an Taiwan sind der empfindlichste Punkt im schwierigen Verhältnis zwischen Washington, Peking und Taipeh. Erwartungsgemäß protestierte Peking laut gegen die jüngste Entscheidung aus Washington, Taiwan Waffen im Wert von 5,85 Milliarden Dollar zu verkaufen. Peking droht mit der Einstellung von Militärkontakten und Chinas Außenminister Yang Jiechi verlangte in Washington eine Rücknahme der Entscheidung.
Im Donner aus Peking wird übersehen, dass Taiwan weniger bekommen hat, als es erhofft hat. Es wird keine Lieferung von neuen amerikanischen F-16-Kampfflugzeugen für Taiwan geben, um die Taiwans Regierung gebeten hatte. Die Regierung Ma Ying-jeou macht gute Miene zum Spiel und äußert sich zufrieden über die Entscheidung aus Washington, der Inselrepublik zu einer Modernisierung ihrer bestehenden Kampfflugzeugflotte von 145 F-16-Kampfflugzeugen und einer weiteren Ausbildung ihrer Piloten zu verhelfen. Man nimmt in Taiwan zur Kenntnis, dass die amerikanische Schutzmacht unter großem Druck von Peking steht.
China hält einen großen Teil der amerikanischen Staatsschulden und in Zeiten der weltweiten wirtschaftlichen Turbulenzen ist Amerika auf die Kooperation der Volksrepublik angewiesen. Die Entscheidung, F-16-Kampfflugzeuge – die mittlerweile in einer modernisierten Version erhältlich sind – an Taiwan zu verkaufen, hätte zu weit schwereren Belastungen im Verhältnis zwischen Washington und China geführt.
Beobachter in Taiwan gehen davon aus, dass nur aus diesem Grund Washington vom Verkauf von 66 neuen F-16-Kampfflugzeugen an Taiwan, um den die taiwanische Regierung gebeten hatte und für den das Geld schon bereit stand, zurückgetreten ist. Und das, obwohl ein Bericht des Pentagon noch im August zu dem Ergebnis kam, dass sich das militärische Gleichgewicht zwischen Taiwan und China weiter zugunsten der Volksrepublik verschiebt.
Washington will den Status quo aufrechterhalten
Trotz der derzeit öffentlich bekundeten Empörung aus Peking sind die amerikanische und die chinesische Regierung wahrscheinlich beim Besuch des amerikanischen Vizepräsidenten Joseph Biden in China zu einer stillschweigenden Übereinkunft über die reduzierten Waffenlieferungen an Taiwan gekommen, sagt Tang Shaocheng von der Nationalen Chengchi-Universität in Taiwan.
Peking weiß, dass die Vereinigten Staaten der Verteidigung Taiwans verpflichtet sind und sowohl aus strategischen als auch aus politischen Gründen nicht geneigt sind, ihre Unterstützung für die demokratische Inselrepublik Taiwan aufzugeben. Washington will den Status quo aufrechterhalten. Eine Reduzierung der Waffenverkäufe an Taiwan ist somit schon ein Erfolg für China.
Peking bevorzugt in Taiwan eine Regierung der Kuomintang
Peking weiß auch, dass in Taiwan im Januar Parlaments- und Präsidentenwahlen anstehen. Peking bevorzugt in Taiwan eine Regierung der Kuomintang, die sich einer versöhnlichen Politik gegenüber der Volksrepublik verpflichtet hat und auf eine verstärkte wirtschaftliche Zusammenarbeit setzt. Die oppositionelle Demokratische Volkspartei DPP dagegen, die nach jüngsten Wahl-Umfragen knapp an die Kuomintang herankommt, strebt eine formelle Unabhängigkeit Taiwans an und ist für Peking kein akzeptabler Partner. Schon einmal hat eine DPP-Regierung in den Jahren unter Präsident Chen Shuibian zu schweren Spannungen im Verhältnis zwischen Peking und Taipeh geführt.
Hätten die Vereinigten Staaten auf Druck von China Waffenverkäufe an Taiwan noch weiter herabgestuft oder gar ausgesetzt, so würde dies bei der Wahl in Taiwan der Opposition zugute kommen, sagen Beobachter in Taiwan. Die Opposition hätte dann damit argumentieren können, dass unter der Kuomintang-Regierung Taiwans Sicherheitsinteressen nicht gewahrt werden. Eine solche „Wahlhilfe“ für die Opposition in Taiwan will Peking vermeiden.
Taiwans Regierung kann mit der amerikanischen Entscheidung der Modernisierung der vorhandenen Kampfflugzeuge leben. Aber die Entscheidung bestärkt in Taiwan doch eine Skepsis in Bezug auf die zukünftige Entwicklung der Beziehungen zu Amerika. Seit diesem Jahr wird in amerikanischen politischen Foren eine Theorie von der „Aufgabe Taiwans“ durch die Vereinigten Staaten diskutiert.
Einige amerikanische Politikwissenschaftler vertreten die Meinung, dass Washington Taiwan zugunsten besserer Beziehungen zu Peking fallen lassen könnte. Es ist vorläufig nur eine akademische Diskussion, sagt Tang Shaochen, doch bislang sei es undenkbar gewesen, über so ein Szenarium überhaupt nur zu reden.
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