"Dishonest Money" and Its Consequences

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26. Oktober 2011, 15:19, NZZ Online

http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/das_unehrliche_geld_und_seine_folgen_1.13131282.html

Das «unehrliche Geld» und seine Folgen

Marc Faber über die Konsequenzen der verfehlten US-Finanzpolitik

Mit erhobenem Zeigefinger: Marc Faber vor Investoren. (Bild: Keystone)

Im Eröffnungsreferat der 5. Messe für strukturierte Produkte hält Investment-Legende Marc Faber Gericht über die amerikanische Finanzpolitik und analysiert Chinas Einfluss auf den Rohstoffmarkt. Faber erwartet eine Verdoppelung der US-Schulden innert 10 Jahren. Den Anlegern rät er zu einem Vier-Viertel-Split im eigenen Portfolio. Auf Staatsanleihen könne man dabei komplett verzichten.

Von Christian Gattringer

Er sei «der Experte schlechthin für schwierige Börsenzeiten» sagte der Moderator zu seiner Vorstellung: Marc Faber, Schweizer Investor und Anlageexperte von Weltruf, besonders bekannt als Herausgeber des monatlichen Börsebriefes «The Gloom Boom & Doom Report». Die schwierigen Börsezeiten haben die interessierten Zuseher in Scharen in den Panoramasaal des Kongresshauses getrieben. Faber ist solchen Andrang zu seinen Vorträgen wohl gewohnt, scherzt aber, als konträrem Anleger betrachte er eine grosse Zuhörerschaft eher skeptisch. Die besten Investments fänden sich meist dann, wenn Anlageobjekte von der breiten Masse vernachlässigt würden.

Fatale amerikanische Schuldenpolitik

Fabers Vortrag steht unter dem Titel «The Causes and Investment Implications of Dishonest Money». Der Investment-Guru widmet sich vor allem der amerikanischen Schuldenpolitik, die die Volatilität an den Märkten deutlich über das im Rahmen des Konjunkturzyklus normale Mass verstärkt habe. Es zeige sich nun, sagte Faber, dass kurzfristige Massnahmen, wie sie die US-Notenbank (Fed) in den letzten Jahren vorgenommen habe, langfristig grösstenteils negative Auswirkungen hätten. Nicht nur der Hypotheken-Sektor, das ganze amerikanische Finanzsystem sei «subprime» gewesen. Als die Politik dies 2007 endlich realisiert hätte, seien die US-Leitzinsen in kürzester Zeit auf praktisch Null gesetzt worden, wie schon zu Beginn des Jahrzehnts als Reaktion auf das Platzen der Technologie-Blase.

Heutzutage, erläutert Faber, sei man als Anleger mit de facto negativen Zinsen konfrontiert. So schlimm sei das aber gar nicht. Immerhin, zitiert Faber einen Fondsverwalter, sei es besser mit Obligationen 5 Prozent zu verlieren als mit aktiver Vermögensverwaltung 20 Prozent. In der Praxis zwinge das herrschende Regime, das Sparer bestraft, Anleger aber dazu, zu investieren und zu spekulieren, was die stark gestiegenen Rohstoffpreise mitbedingt habe, erläuterte Faber weiter.

Wer wird verlieren?

Es stelle sich nun die Frage, wer verlieren werde – Anleger in Rohstoffen oder Anleger in Staatsanleihen. Fabers simple Antwort: wahrscheinlich beide. Denn mit den niedrigen Zinsen sei besonders in den USA ein eklatantes Wachstum der Gesamtverschuldung – also die Schulden von Staat, Unternehmen und Privathaushalten zusammen – im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) einhergegangen. Der Anstieg auf 379 Prozent in den letzten Jahren stelle selbst die 1920er Jahre (1929: etwa 140 Prozent) in den Schatten. Die Gesamtverschuldung sei fünf Mal schneller gewachsen als die Wirtschaft selbst. Es sei klar, dass dies nicht so weiter gehen könne. Ganz abgesehen davon, dass diese 379 Prozent die Verpflichtungen des Staates aus Sozialversicherungs-Verpflichtungen noch gar nicht enthielten.

Langfristig sieht Marc Faber keine Lösung für die westliche Welt als das Anwerfen der Gelddruckmaschine, um dem Staatsbankrott zu entgehen. Eine Kürzung der Ausgaben, vor allem der Sozialausgaben, sei unwahrscheinlich. Immerhin sei dies ja das grosse Problem der Demokratie, dass Politiker, die Sozialausgaben kürzen, nicht wiedergewählt würden. Marc Faber rechnet sogar mit einer Verdoppelung der US-Schulden auf 30 Billionen Dollar in den nächsten zehn Jahren.

Aufgeblähte Rohstoffpreise

Die tiefe Zinsumgebung und das frische Geld aus der Notenpresse, erläutert Faber weiter, hätten die Rohstoffpreise massiv aufgebläht, zum Teil auch gegen den konjunkturellen Trend, wie man etwa am Ölpreis sehe, der Mitte 2008 mit 147 Dollar trotz bereits erkennbarer Rezessionstendenzen einen Spitzenwert erreicht habe. Als Folge der expansiven Geldpolitik und der steigenden Rohstoffkosten sänken aber die Reallöhne und die Einkommensschere weite sich, was zu sozialen Spannungen führe.

Mit Kritik am Fed hält sich Faber nicht zurück. Ben Bernanke und Alan Greenspan hätten sich entschieden, «aus dem Helikopter» Geld auf die USA regnen zu lassen, um das Platzen einer Blase abzuschwächen, aber übersehen, dass dadurch nur eine neue Blase entstünde. Die Frage sei nur: wo? Die US-Notenbank kontrolliere das nicht. Überdies sei das amerikanische Geld überwiegend in den Konsum geflossen. Während andere Länder, vor allem die Schwellenländer, ihr Geld investiert hätten, hätte es die US-Immobilienblase den amerikanischen Haushalten erlaubt, durch Refinanzierungen des Eigenheims weit über ihre Verhältnisse zu leben.

Der Westen hat sich getäuscht

Die Investitionstätigkeit habe sich verlagert, in die Schwellenländer und unter diesen vor allem eben nach China. Dort stieg der Verbrauch von Rohstoffen enorm an, nicht nur durch die Investitionen, sondern auch durch die steigenden Löhne. «Wenn Sie einem Schweizer, der eine Million im Jahr verdient, das Einkommen verdoppeln, wird er nicht wesentlich mehr essen oder Auto fahren. Höchstens der Kokainverbrauch erhöht sich», illustriert Faber seine These. Wenn aber ein Vietnamese plötzlich statt 1000 Franken im Jahr 2000 verdiene, würde sich dieser zuerst einmal ein Motorrad kaufen.

Vor allem solche Effekte hätten den Energieverbrauch der Schwellenländer massiv in die Höhe getrieben, so dass er heute erstmals den der westlichen Welt übertreffe. Der Westen hätte sich aber getäuscht, wenn er glaube, vom Aufstieg der Schwellenländer massgeblich zu profitieren. Es habe sich gezeigt, dass die Schwellenländer vor allem wieder von anderen Schwellenländern Güter beziehen würden. Das Schwergewicht in der Weltwirtschaft sieht Marc Faber bereits heute in China und anderen Schwellenländern.

Vier-Viertel-Split ohne Staatsanleihen

Wie aber können Anleger von diesen Entwicklungen profitieren? Marc Faber ist skeptisch, was ein zu starkes Engagement gegenüber China betrifft. Auch dort habe man auf die Krise mit einer expansiven Geldpolitik reagiert, die zu einer Anlageblase geführt habe. Es stelle sich nur die Frage, ob sie heute oder in drei Jahre platzen würde. In jedem Fall seien auch die Folgen für den Rohstoffmarkt gewaltig. Langfristig aber erwartet der Anlagespezialist noch deutlich höhere Ölpreise als derzeit.

Dem Privatinvestor empfiehlt er einen Vier-Viertel-Split beim eigenen Portfolio. 25 Prozent Bargeld und Unternehmensobligationen, 25 Prozent Aktien, 25 Prozent Immobilien und 25 Prozent Edelmetalle. Auf Staatsanleihen rät Faber komplett zu verzichten. Selbst bei den als so sicher geltenden deutschen Obligationen hätte man sein Geld in den letzten hundert Jahren gleich drei Mal komplett verloren: im Zuge der Hyperinflation in den 1920igern sowie durch die beiden Weltkriege. Mit Aktien deutscher Unternehmen wie etwa Siemens, sei man im Vergleichszeitraum deutlich besser gefahren.

«Es kommt zum Krieg»

Zum Schluss seines Vortrags geht Marc Faber ins Geopolitische und lässt den Weltuntergangs-Propheten durchblitzen, als den man ihn kennt. Der Nahe Osten werde in Flammen aufgehen, wirft er ins Publikum. Der Grund: 95 Prozent des chinesischen Erdölverbrauchs würden aus nahöstlichen Quellen gedeckt. Bei ihren Bestrebungen, diese Quellen zu schützen, würden sich die Chinesen über kurz oder lang mit den USA überwerfen.

Dies zeige sich auch an den Aktivitäten der beiden Grossmächte auf dem indischen Subkontinent: Während Washington in den letzten Jahren zunehmend Indiens Nähe gesucht habe, sei China eine immer engere Kooperation mit Pakistan eingegangen. Es kommt zum Krieg, werweisst Faber, aber sicher nicht morgen: «Sie können also beruhigt nach Hause gehen!».

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