Barack Obama steht vor seinem Öko-Test
Von Martin Stricker
6. Nov 2011
Es geht um Öl aus Teersand, um eine katastrophale Umweltbilanz – und um den Bau einer riesigen Pipeline durch die USA.
US-Präsident Barack Obama steht vor einer Entscheidung, die er mehrfach hinausgeschoben hat. Auf dem Schreibtisch liegt ein Dokument zur Unterschrift, das über die Glaubwürdigkeit seiner Umwelt- und Klimapolitik entscheidet. Es geht um eines der gewaltigsten Projekte der Ölindustrie, den Bau der „Keystone XL-Pipeline” aus dem Norden Kanadas nach Houston in Texas. Da die Pipeline grenzüberschreitend ist, muss sie der Präsidenten genehmigen. Durch die beinahe 2700 Kilometer lange Leitung soll Schweröl gepumpt werden. Es muss erhitzt werden, damit es überhaupt fließen kann. Gewonnen wird es unter enormen Umwelt- und Klimaschäden aus riesigen Flächen, die zuvor von Wäldern bedeckt waren. Sie mussten fallen, um an den Teersand zu gelangen, aus dem mit Wasser und Chemikalien das Schweröl gewaschen wird. Die Pipeline führt durch Nationalparks, sie quert Wasserreservoirs und die Weizenanbaugebiete des Mittleren Westens Amerikas. Ein Ölunfalls ist eine Horrorvision. Neben Prominenten zählen viele Politiker aus Obamas Partei zu den Kritikern des Keystone-Projekts. Widerstand kommt auch aus der in den USA straff organisierten Öko-Szene, die 2008 eine wichtige Rolle in seiner Wahlkampagne Obamas gespielt hat.
13 Milliarden Dollar will die Ölbranche in das fossile Mammutprojekt stecken. Es rechnet sich, weil die Ölvorräte knapp werden und die Preise steigen. Die Befürworter argumentieren, dass mit „Keystone” die Abhängigkeit der USA vom unsicheren Ausland verringern wird.
Auf 180 Milliarden Barrel Öl wird der Vorrat geschätzt. Das reicht gerade, um den Weltverbrauch knapp sechs Jahre lang zu decken. Vielleicht reicht es ein Jahrzehnt oder ein paar Jahre mehr , wenn das Giftöl nur in Nordamerika verbrannt wird. Und dann?
Millionen Hektar Land verwüstet und vergiftet, Millionen Tonnen Treibhausgase mehr in der Atmosphäre und sonst alles beim Alten, soll heißen: Abhängigkeit vom unsicheren Ausland; Zementierung der US-Wirtschaft auf fossile Brennstoffe; folglich Verzögerung der Energiewende, aber Beschleunigung des Klimawandels.
Kurzfristig jedoch mag Barack Obama an den Wahltermin in einem Jahr denken und an die üblichen Versprechen der Öl- und Industrielobby, Jobs zu schaffen und an das Wohlwollen, das er sich mit einer Unterschrift sichern könnte. Es wäre Business as usual, das Gegenteil von: Yes, we can.
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