Again, a New Front-Runner for America’s Republicans

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Wieder ein neuer Spitzenreiter bei Amerikas Republikanern

Überraschender Höhenflug des früheren Speakers Gingrich

Peter Winkler

(Bild: Keystone / AP) Der republikanische Präsidentschaftskandidat Newt Gingrich am 25. November in Florida.

Newt Gingrich, ein Dinosaurier der amerikanischen Politik, hat sich überraschend an die Spitze der republikanischen Präsidentschaftsbewerber geschwungen. Die Frage ist, wie lange sein Höhenflug andauern kann.

Newt Gingrich, ehemaliger Speaker des Repräsentantenhauses und in dieser Funktion der konservative Gegenspieler Präsident Clintons über lange Jahre, hat sich in Umfragen überraschend an die Spitze des republikanischen Kandidatenfelds für die Präsidentschaft der USA geschwungen. Doch der kantige Dinosaurier des Washingtoner politischen Establishments wurde seinem Ruf, sich oft selber am meisten zu schaden, bereits in der ersten Fernsehdebatte in der neuen Rolle gerecht. Zudem schleppt Gingrich sperriges Gepäck aus seiner Vergangenheit mit sich, und viele Kommentatoren fragen nur, wie lange der Höhenflug des bulligen, scharfzüngigen und oft überheblich wirkenden Politikers dauern werde.

Der neuste «Nicht-Romney»

Gingrich wird in den Medien bereits als neuester «Nicht-Romney» bezeichnet. Die republikanische Basis scheint nun ihn als Alternative zum früheren Gouverneur von Massachusetts auszuprobieren, der vielen Konservativen allzu aalglatt wirkt. In der gleichen Rolle hatten sich vor Gingrich bereits Michele Bachmann, Rick Perry und Herman Cain wiedergefunden, deren Umfrageergebnisse jedoch meist so rasch fielen, wie sie vorher geklettert waren. Sie mussten die bittere Erfahrung machen, dass Spitzenläufern genauer auf den Mund und in die Biografie geschaut wird als den Zählkandidaten, und Gingrich widerfuhr nach seinem Auftritt am Dienstagabend exakt das Gleiche.

In der Debatte über innere Sicherheit, organisiert von CNN und den konservativen Denkfabriken Heritage Foundation und American Enterprise Institute, plädierte Gingrich für ein Bleiberecht jener illegalen Immigranten, die vor langer Zeit eingewandert sind, Familien gegründet und sich in die Gesellschaft integriert haben. Die Republikanische Partei als Partei der Familienwerte werde sich sicher nicht dazu hinreissen lassen, Familien auseinanderzureissen, meinte er. Gingrich nannte seinen Ansatz menschenwürdig, seine Rivalen sprachen dagegen umgehend von einem «Magnet für illegale Migration» und einer Amnestie durch die Hintertüre – und das sind in der Immigrationspolitik für viele Konservative die beiden leuchtendsten roten Tücher.

Noch ist es zu früh, um Auswirkungen in der Wählergunst feststellen zu können. Doch auffallend war, wie schlecht Gingrichs Kommentare bei der republikanischen Basis in Iowa ankamen, wo am 3. Januar die ersten Vorwahlen stattfinden werden. Dazu kommt, dass Gingrich nicht gerade eine reine Weste hat. Religiös Konservativen könnte aufstossen, dass er zum dritten Mal verheiratet ist. Seine gegenwärtige Gattin war seine Mätresse, als er gegen Clintons aussereheliche Eskapaden zu Felde zog. Gingrich hatte in den neunziger Jahren das Amt des Speakers abgeben müssen, nachdem er mit einer Rekordbusse für unethisches Verhalten in einer Affäre um Spendengelder bestraft worden war.

Gefährlicher werden könnte ihm – da jüngeren Datums –, dass sein Beratungsunternehmen noch bis September 2008 vom Hypothekargiganten Freddie Mac Honorare im Umfang von 30 000 Dollar pro Monat erhielt – offensichtlich für politische Lobbyarbeit. Freddie Mac musste im Rahmen der Ramsch-Hypotheken-Krise verstaatlicht werden und gehört mit dem Schwesterunternehmen Fannie Mae zu den beliebtesten Zielscheiben republikanischer Kritik am Krisenmanagement der Administration Obama.

Wundersame Erholung

«The Newt» (der Molch), wie Gingrich oft genannt wird, hatte im Mai seine gerade erst bekanntgegebene Präsidentschaftskandidatur in ernstes Schlingern gebracht, als er den Budgetvorschlag des Republikaners Paul Ryan als «rechte Systemveränderung» kritisierte, die keineswegs besser sei als linke Systemveränderung. Zwar entschuldigte er sich bei Ryan, doch der Schaden war angerichtet. Im Juni schien er unter einem Schuldenberg zu ersticken, und fast das gesamte Personal seiner Wahlkampa gne lief ihm davon. Dass er sich davon je wieder erholen könnte, hielt bis vor kurzem kaum jemand für möglich.

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