Republicans Begin to Doubt Market Economics

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Posted on January 22, 2012.

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Republikaner zweifeln an der Marktwirtschaft

von Markus Ziener

19.01.2012

Romney präsentiert sich als erfolgreicher Unternehmer. Doch in Zeiten von Finanzkrise und Occupy Wall Street kommt das bei vielen nicht gut an. Auch nicht bei der Rechten, die mit Romney und dem freien Markt abrechnet.

Amerika, das Land des schier grenzenlosen Optimismus, steht vor der nächsten Sinnkrise. Nach der Bail-out-Krise und der Tea-Party-Krise werden die USA nun von der Moralkrise erschüttert. Das Bizarre ist: Ausgerechnet ein konservativer Politiker stürzt das Land in eine Debatte darüber, ob es im Kapitalismus Grenzen geben soll oder ob doch eigentlich alles erlaubt ist. Oder anders gesagt: Ob ein ehemaliger Private-Equity-Manager wie Mitt Romney über den richtigen moralischen Kompass verfügt, Präsident der USA zu werden.

Und mindestens genauso merkwürdig ist, dass die Kritik an Romney nicht von links, sondern von rechts kommt. Es sind Politiker wie Newt Gingrich, der selbst nach der Nominierung als republikanischer Präsidentschaftskandidat strebt, die Romneys Integrität infrage stellen.

Der ehemalige Sprecher des Repräsentantenhauses, Gingrich, nennt Romney einen Plünderer, der sich auf dem Rücken von Arbeitnehmern bereichert habe. Und der texanische Gouverneur Rick Perry, der am Donnerstag seine Kampagne abbrach, sprach zuvor gar von „Geier-Kapitalismus“, den Romney als Chef der Firma Bain Capital betrieben habe.

Diese Republikaner sind noch im Rennen

Richtig ist, dass Mitt Romney als Manager von Bain Capital zwischen 1984 und 1999 ein Privatvermögen angehäuft hat, das heute auf rund eine Viertelmilliarde Dollar veranschlagt wird. Bain Capital investierte in Firmen, erhöhte deren Rentabilität und verkaufte sie wieder mit hohem Profit. Dabei wurden zum Teil Tausende von Arbeitnehmern entlassen, zahlreiche Unternehmen gingen pleite, und Romneys Firma nutzte weidlich niedrige Steuersätze aus.

Aber: Viele andere Unternehmen waren nach der Restrukturierung stärker als zuvor – und stellten auch wieder Mitarbeiter ein. Mitt Romney nennt dieses Verfahren kreative Zerstörung. Und er sagt, dass dies ein Wesenselement des Kapitalismus sei. Eine Methode, die das System am Ende besser, weil wettbewerbsfähiger mache.

Das mag sein. Aber richtig ist auch: Die sozialen Kosten dieses Verfahrens sind hoch. So hoch, dass sie selbst im Mutterland des Kapitalismus zu dessen Diskreditierung mit beigetragen haben. Wo immer Romney auftritt, sieht er sich deshalb mit Vertretern der Occupy-Bewegung konfrontiert. Die rufen ihm zu, sie seien die 99 Prozent. Er, Romney, dagegen gehöre zu jenem einem Prozent der amerikanischen Bevölkerung, das nach Berechnungen des Wirtschaftsnobelpreisträgers Joseph Stiglitz 40 Prozent des Vermögens in den USA kontrolliert.

Romneys Anbiederei steigert Verdruss der Protestierer

Romney wehrt sich – und tut dies mit zum Teil aberwitzigen Argumenten. Etwa dass er, der Multimillionär und Sohn eines Multimillionärs, selbst auch schon Angst vor der Kündigung gehabt habe. Oder dass er ja auch arbeitslos sei.

Solche Anbiederei steigert indes nur noch den Verdruss der Protestierer, die wissen, dass sie einen gesellschaftlichen Nerv treffen. Nach einer jüngsten Umfrage des Pew Research Centers sehen zwei Drittel der Amerikaner einen ernsten Konflikt zwischen Arm und Reich in Amerika. Das sind 20 Prozent mehr als noch 2009.

Wahlkampf-FinanzierungMitt Romneys größte Spender

Und es sind nicht nur Linke und Liberale, die diese These vertreten. Die Verfassungsfundamentalisten der Tea-Party haben ein mindestens genauso großes Problem mit Profiteuren des Systems. Was für sie den Erfolg Amerikas ausmacht, ist jener Unternehmergeist, der, mit Risiko behaftet, Wert schafft. Nicht gemeint sind jene, die geschickt mit Vermögen jonglieren.

Dass die republikanische Partei nun gerade dabei ist, einen Kandidaten auf den Schild zu heben, der dem Feindbild der Kapitalismuskritiker entspricht, sorgt für große Unruhe in den Reihen der Konservativen. Gingrich glaubt gar, dass Romney deshalb nicht wählbar sein könnte, wenn er gegen Barack Obama antritt. Wobei Gingrichs Einlassungen auch nur die Krokodilstränen eines Machtpolitikers sind. Denn auch der 68-Jährige hat das System nach besten Kräften gemolken: als teuer bezahlter Berater des staatlichen Immobilienfinanzierers Freddie Mac. Und als exzellent entlohnter Türöffner für die Credit Suisse.

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Das ist es, was die Debatte so entsetzlich scheinheilig macht: dass sie nicht ehrlich geführt, sondern instrumentalisiert wird. Wären die Zeiten anders und hätte es keine Finanzkrise gegeben, niemand in Amerika würde sich darüber aufregen, dass der Kapitalismus made in USA oft hart ist und ungerecht und Opfer fordert. Der libertäre Ron Paul war es vor wenigen Tagen, der Romney als Verteidiger zur Seite sprang. Auch das im Übrigen höchst bemerkenswert – schließlich ist Paul in den Vorwahlen Mitt Romneys engster Verfolger. Den Kritikern Romneys sagte er: „Sie liegen falsch, weil sie nicht die vagste Vorstellung haben, wie der Markt funktioniert.“

Es war die Erinnerung daran, dass es sich in den USA nicht um eine soziale Marktwirtschaft handelt, sondern um Kapitalismus. Und innerhalb dieses Systems hat sich Romney nur logisch verhalten. Wären die Zeiten anders – Romney würde als Held gefeiert.

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